Zoos unter der Lupe der Europäischen Union


Wiederholte Anzeigen wegen Verstöße

Kaum Inspektionen, Fehler bei der Lizenzvergabe, Verstöße gegen die Normen der Wildtierhaltung, ungeeignete Ausstattung bzw. Gehege sind einige der Gründe, die die EU dazu bewogen haben, Spaniens Zoos in Augenschein zu nehmen.

Madrid/Brüssel – Nachdem die Europäische Kommission bereits im März ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien einleitete, weil in zahlreichen Zoos nachweislich eine EU-Richtlinie verletzt wird, hat der Fund eines Braunbärkadavers in der Nähe eines Zoos in Valladolid vor wenigen Tagen das sprichwörtliche Öl ins Feuer gegossen und den Ruf der spanischen Tiergärten noch verschlechtert.

„Die Lage in den spanischen Zoos ist katastrophal. In vielen Fällen werden keine Inspektionen durchgeführt und es bleiben Auflagen unerfüllt wie z.B. das Engagement für Forschung und Artenschutz oder Umwelterziehung“, beschwert sich Alberto Díez von der Zooüberwachungsorganisation Infozoos, die zusammen mit anderen Tierschutzverbänden bei der EU Anzeige erstattet hat. Ein besonderes Problem stellt auch die Vergabe der Lizenzen aufgrund des „silencio administrativo“ (zu Deutsch: das Schweigen der Verwaltung) dar. Demnach gilt: Wenn ein Zoo alle Dokumente zur Beantragung einer Lizenz vorlegt und von der zuständigen Stelle nicht innerhalb von sechs Monaten eine Antwort erfolgt, wird dies als Zustimmung gewertet und der Tierpark kann eröffnen. Nach EU-Recht müssen jedoch alle Tiergärten vor der Eröffnung einer Inspektion unterzogen werden.

Unter Verdacht

Die acht Zoos, die von Infozoos angezeigt und und als „größte Sünder“ dargestellt werden sind „Granjas Koki“ (Toledo), „Devesa Gardens“ (Valencia), „Zoo-Safari Mentz“ (Mallorca), „Loro Sexi“ (Almuñécar), „Carmona“ (Sevilla), „Castellar“ (Cádiz), „Safari“ (Madrid) und der kürzlich geschlossene Tierpark „Almendralejo“ (Badajoz).

Sprecher verschiedener dieser Zoos haben sich bereits gegen die Anschuldigungen gewehrt. José María Cabrera vom Safari Madrid behauptet, dass die kleinen Tiergärten angegriffen werden, um Druck auf die großen Zoos auszuüben. „Die Affen unseres Minizoos haben kleine Gehege“, sieht Cabrera ein, „doch sie stammen alle aus dem illegalen Tierhandel und uns fehlen die Mittel für die Haltung“, klagt er. Tatsächlich scheint es in Spanien gang und gäbe zu sein, dass vom Zoll oder der Naturschutzeinheit der Guardia Civil konfiszierte Tiere in Zoos unterzubringen, da es keine andere Einrichtung gibt. „80% der Tiere unseres Parks stammen aus dem illegalen Handel“, versichert auch Alberto Sánchez, Biologe im Zoo Castellar in Cádiz. Auch er sieht ein, dass nicht alle Tiere optimal untergebracht sind. Die beiden Braunbären Oscar und Marcos zum Beispiel, die in einem kleinen Gehege mit Zementboden wohnen. Doch angeblich sollten die Bären zunächst nur sechs Monate bleiben, jetzt sind es schon 18. Auch Alberto Sánchez klagt über fehlende finanzielle Mittel für eine artgerechtere Haltung der Tiere. „Der Zoo ist nicht rentabel, aber wir lieben die Tiere und werden unser Möglichstes tun, um sie in Zukunft besser unterzubringen“, versichert Sánchez. Ganz anders lautet die Aussage eines Mitarbeiters des Zoos Devesa Gardens in Valencia: „Die Tiere verursachen uns nur Kosten. Wir halten sie aus Gründen der Werbung, um das Publikum anzulocken.“ Der kleine Zoo ist eine Attraktion in einer Freizeitanlage mit Pools und Golfplatz an der Küste.

Während die Sprecher verschiedener Zoos angaben, seit 2003 nur ein- bis zweimal einen Inspektor zu Gast gehabt zu haben, machen die Behörden ganz andere Aussagen. Die zuständigen Stellen – in Madrid wie in Andalusien – geben an, „regelmäßige“ Inspektionen durchzuführen.

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