3 Jahre Gefängnis für gefälschte Identifizierungen


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Die Hinterbliebenen der Opfer des Flugzeugabsturzes haben sechs Jahre um diesen Prozess gekämpft

„Das Nationalgericht sieht als erwiesen an, dass General Vicente Navarro wissentlich die Identifizierung von 30 Soldaten gefälscht hat, die am 26. Mai 2003 beim Flugzeugabsturz über der Türkei ums Leben gekommen sind.

Madrid – Er wird zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Seine beiden Untergebenen, Major José Ramírez und Hauptmann Miguel Sáez, erhalten jeweils eine Gefängnisstrafe von 18 Monaten“, verkündete Richter Javier Gómez Bermúdez nach mehrwöchigen Verhandlungen.

Um diesen Prozess haben die Hinterbliebenen – Ehefrauen, Eltern, Geschwister und Kinder – nahezu sechs Jahre lang gekämpft. Jetzt sind sie froh, dass es zu einem Urteilsspruch gekommen ist, wenn auch die nach ihrer Meinung wirklich Schuldigen, die die politische Verantwortung hatten, nicht auf der Anklagebank saßen.

Am 26. Mai 2003 war die Yakovlev 42 in der Nähe des türkischen Flughafens Trebisonda abgestürzt und am Boden zerschellt. Alle 75 Personen, die sich an Bord befanden, kamen bei dem Unglück ums Leben. Unter ihnen 62 spanische Soldaten, die von einer Militärmission in Afghanistan zurückkehrten. Empörung und Entsetzen machten sich in den Medien und der spanischen Öffentlichkeit breit, als bekannt wurde, dass die Unglücksmaschine von einer ukrainischen Gesellschaft gemietet worden war, um spanische Soldaten zu transportieren. Immer wieder soll es Beschwerden wegen schwerer Sicherheitsmängel gegeben haben.

Im November 2005 stellte eine internationale Untersuchungskommission dann auch fest, das Unglück sei auf Übermüdung der Besatzung und schwere Wartungsmängel zurückzuführen.

Bereits im Oktober 2003 hatten die inzwischen zu einem Interessenverband zusammengeschlossenen Hinterbliebenen Strafantrag gestellt. Der wurde jedoch zurückgewiesen. Begründung: Die Tatbestände ereigneten sich außerhalb Spaniens.

Am 25. Juni 2004 wurde erstmals geklärt, dass mindes­tens 22 Todesopfer falsch identifiziert worden waren, und im September erklärte das Nationale Pathologische Institut die Identifizierung von 30 Leichen durch das spanische Ärzteteam, das in die Türkei gereist war, für falsch. 32 der Opfer waren seinerzeit bereits durch die türkischen Behörden identifiziert worden. Eine diesbezügliche Klage der Hinterbliebenen gegen den damaligen Verteidigungsminister Federico Trillo wurde abgewiesen. Die verantwortlichen spanischen Sanitätsoffiziere hatten den türkischen Behörden versichert, die endgültige Identifizierung der Toten werde in Spanien durchgeführt.

Makabres Untersuchungsergebnis

Im Januar 2005 führte die forensische Abteilung des Nationalgerichtes eine erneute Identifizierung aller 62 Opfer durch. Das Ergebnis: 30 von ihnen waren falsch identifiziert worden. In einigen Särgen, so heißt es, lagen Teile von drei verschiedenen Leichen.

Schon kurz nach dem Absturz waren Vorwürfe laut geworden, die damalige spanische Regierung habe es furchtbar eilig gehabt, die Trauerfeier in Madrid abzuhalten. Offenbar sollte das unangenehme Thema möglichst schnell aus den Schlagzeilen verschwinden.

Die Familien von 21 falsch identifizierten Soldaten konnten ihre Toten im Rahmen einer Trauerfeier erneut beisetzen, neun weitere waren bereits eingeäschert worden.

Im Juni 2007 schließt ein Richter die Untersuchungsakten im Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten bei der Anmietung des Flugzeugs. Monate später legt er auch die Klage wegen der falschen Identifizierungen zu den Akten. Zwei Monate später ordnet das Nationalgericht an, diese Untersuchungen wieder aufzunehmen. Der Richter lädt auch den Ex-Verteidigungsminister Trillo sowie seinen Nachfolger José Bono als Zeugen vor. Trillo lässt ihm lediglich eine schriftliche Erklärung zukommen. Darin versichert er, für die Charterverträge der Maschinen nicht zuständig gewesen zu sein. Bono, der persönlich erschien, erklärte dem Richter, es habe mindestens 18 Klagen wegen Sicherheitsmängeln an verschiedenen Flugzeugen gegeben. Einige seien wahrscheinlich auch bei Trillo gelandet.

Am 24. März 2009 begann vor dem Nationalgericht der Prozess gegen General Vicente Navarro, der bereits im Ruhestand ist, Major José Ramírez und Hauptmann Miguel Sáez. Zuvor hatte das Gericht den Antrag der Anklage abgelehnt, José Maria Aznar, Federico Trillo und José Bono als Zeugen zu laden.

Trillo selbst wollte zu dem Urteil keine Fragen beantworten. Er respektiere das Urteil, teile es aber nicht, denn seine Leute hätten nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Er selbst sei nicht angeklagt, müsse sich daher auch nicht rechtfertigen.

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