630.000 Canarios leiden unter sozialer Ausgrenzung

Die beiden Bischöfe der Kanarischen Inseln, José Mazuelos (2.v.l.) und Bernardo Álvarez (Mitte), präsentierten den Bericht gemeinsam mit dem Leiter von Caritas für die Kanarischen Inseln, Gonzalo Marrero (l.), dem Koordinator des Berichts, Daniel Rodríguez (2. v.r.), und dem Direktor von Cáritas Tenerife, Juan Rognoni (r.). Foto: EFE

Die beiden Bischöfe der Kanarischen Inseln, José Mazuelos (2.v.l.) und Bernardo Álvarez (Mitte), präsentierten den Bericht gemeinsam mit dem Leiter von Caritas für die Kanarischen Inseln, Gonzalo Marrero (l.), dem Koordinator des Berichts, Daniel Rodríguez (2. v.r.), und dem Direktor von Cáritas Tenerife, Juan Rognoni (r.). Foto: EFE

Die Zahl der Menschen, die in schwerer Armut leben, ist in den letzten zwei Jahren um 15% gestiegen

Kanarische Inseln – Die Hälfte der Menschen, die auf den Kanarischen Inseln unter sozialer Ausgrenzung leiden, sind von schwerer Armut betroffen. Zu diesem Schluss kommt die Stiftung FOESSA für gesellschaftliche Studien und angewandte Soziologie (Fomento de Estudios Sociales y Sociología Aplicada), deren jüngster Bericht über Armut am 17. März in La Laguna von Caritas vorgestellt wurde. Daraus geht hervor, dass seit Beginn der Pandemie die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffenen Menschen auf dem Archipel weiter gestiegen ist.

Caritas weist darauf hin, dass die Armutsquote auf den Inseln höher ist als die auf dem spanischen Festland. Fast 425.000 Canarios sind von extremer Armut betroffen. Das sind 19,6% der Bevölkerung, während der Prozentsatz in Spanien bei 11,3% liegt.

Die Maßnahmen zur sozialen Distanz, die zur Bekämpfung der Pandemie getroffen wurden, haben die Digitalisierung gefördert und diese als neuen Faktor für soziale Ausgrenzung offenbart, wird in dem Bericht weiter festgestellt. 30% der Haushalte auf den Inseln sei von der sogenannten digitalen Kluft betroffen, wovon die meisten (44%) aufgrund fehlender finanzieller Mittel keinen Zugang zur digitalen Welt haben.

Der Leiter von Caritas auf den Kanarischen Inseln, Gonzalo Marrero, hält es für besonders aufschlussreich, dass nur die wenigsten unter den von schwerer Armut Betroffenen auf den Kanaren – laut dem Bericht 630.000 Menschen, was 29% der Bevölkerung entspricht – das Grundeinkommen (Ingreso Mínimo Vital, IMV) von 462 Euro monatlich erhalten. Marrero führt dies zum Teil darauf zurück, dass die Anträge digital gestellt werden müssen und dafür eine App heruntergeladen werden muss, viele benachteiligte Menschen jedoch nicht über ein entsprechendes Gerät verfügen. Außerdem, fügte Marrero hinzu, hätten immer noch 30% der Bevölkerung auf den Kanaren keinen Zugang zum Internet.

Frauen besonders gefährdet

Ein weiterer Schluss der Studie weist auf die Kluft zwischen den Geschlechtern hin, denn Frauen sind stärker von Armut betroffen. Die durch die Pandemie ausgelöste Krise habe diese Kluft noch vergrößert, und somit sind aktuell 28% der Familien, deren Ernährer eine Frau ist, im Gegensatz zu 22% mit einem männlichen Ernährer von Armut betroffen.

Bemerkenswert ist auch, dass die Zahl von sozialer Ausgrenzung betroffener Ausländer unverhältnismäßig hoch ist. Laut FOESSA-Bericht war fast die Hälfte (47%) der an der Umfrage beteiligten ausländischen Familien von Armut betroffen.

Der FOESSA-Bericht basiert auf einer auf den Kanarischen Inseln durchgeführten Umfrage, bei der 627 Personen bzw. Familien befragt wurden.

Die durch die Pandemie bedingte Jobunsicherheit betrifft mittlerweile 130.000 Familien (15%) auf den Inseln, die vom Einkommen einer Person abhängen, deren Arbeitsplatz gefährdet ist. Die Zahl der Erwerbslosen ist angestiegen, und es wird geschätzt, dass 120.000 Familien auf dem Archipel arbeitslos, sprich alle Familienmitglieder ohne Job sind. Hinzu kommen die vielen Familien, deren Einkommen durch die Langzeitarbeitslosigkeit geschmälert ist.

Soziale Ausgrenzung macht sich auch im Gesundheitswesen immer stärker bemerkbar. Laut der Umfrage haben viele Menschen medizinische Behandlungen unterbrochen, weil sie sich die Medikamente nicht mehr leisten können. Und auch das Wohnproblem trägt zur Ausgrenzung bei. Die Schwierigkeiten, mit einem niedrigen Einkommen die verhältnismäßig teuren Mieten zu zahlen, betreffen immer mehr Familien. Laut FOESSA-Bericht bleibt bei etwas mehr als 165.000 Familien (19%) auf dem Archipel nach der Zahlung der monatlichen Miete bzw. Hypothekenrate kaum mehr etwas übrig, sodass sie in einer Situation extremer Armut leben müssen.

Teneriffas Bischof Bernardo Álvarez mahnte vor diesem besorgniserregenden Szenario, dass diese Zahlen ein Appell an die Sensibilität und das Gewissen der Bevölkerung sein sollten, um Hilfe zu leisten und gemeinsam mit Institutionen, Unternehmen und Behörden dazu beizutragen, den am stärksten Benachteiligten zu helfen.

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