Sánchez macht Migrationspakt zur Chefsache

Die „Patera“, ein offenes Holzboot, in dem oft mehrere Dutzend Menschen die gefährliche Überfahrt antreten, ist zu einem Symbol der Migration aus Afrika geworden. Foto: efe

Die „Patera“, ein offenes Holzboot, in dem oft mehrere Dutzend Menschen die gefährliche Überfahrt antreten, ist zu einem Symbol der Migration aus Afrika geworden. Foto: efe

Die Mehrzahl der Asylbewerber in Spanien stammt nicht aus Afrika, sondern aus Venezuela, Kolumbien und Mittelamerika

Madrid – Im Entwurf des neuen Migrationspakts, den die EU noch vor Ende des Jahres auf den Weg bringen möchte, bleiben die Forderungen Spaniens bisher weitgehend unberücksichtigt. Nun hat der spanische Präsident Pedro Sánchez die Angelegenheit zur Chefsache gemacht und nimmt selbst die Koordination der spanischen Migrationspolitik in die Hand. Wenige Tage, nachdem der Vorschlag in Brüssel vorgestellt worden war, traf er mit Innenminister Fernando Grande-Marlaska, Außenministerin Arancha González Laya und dem Minister für Migration, José Luis Escrivá, zusammen, den drei Ministern in deren Kompetenz die Zuwanderung fällt, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Als eines der Länder, über deren Grenzen irregulär einreisende Migranten in das Territorium der EU hereinkommen, stand für Spanien eine verbindliche Verteilung dieser Personen auf alle Mitgliedsstaaten ganz oben auf der Wunschliste. Dies scheiterte jedoch am Widerstand von Ländern wie Polen und Ungarn. Der Vorschlag der EU sieht stattdessen drei verschiedene Arten vor, wie sich EU-Staaten mit den Erstaufnahmeländern solidarisch zeigen können: Sie können nach eigenem Ermessen entweder Migranten aufnehmen oder die Länder mit hohem Migrationsdruck logistisch unterstützen oder aber die Abschiebung von nicht asylberechtigten Personen fördern und finanzieren.
Hilfe anderer Mitgliedsstaaten bei der Abschiebung bedeutet keine Verbesserung, denn die spanische Rückführungspolitik funktioniert mit einer Quote von um 30% ohnehin recht gut. Spanien hat Rücknahmeabkommen mit rund dreißig Ländern und pflegt gute Beziehungen zu den beiden Herkunftsländern, aus denen der Großteil der irregulären Migranten stammt: Marokko und Algerien.
Dagegen könnte Spanien, was die Kontrolle der Außengrenzen angeht, davon profitieren, dass die EU, dem vorgeschlagenen neuen Migrations­pakt zufolge, mehr Mittel für die Grenzsicherung in den Ankunftsländern einsetzen will.
Von der Idee, Neuankömmlinge schon an der Grenze zügig in Wirtschaftsflüchtlinge und potenziell Asylberechtigte aufzuteilen und Erstere schnell abzuschieben, ist die spanische Politik nicht überzeugt. Man befürchtet in diesem Zusammenhang eine Aushöhlung des Asylrechts.

Die besondere Lage Spaniens

Nicht nur seine Lage am Rande der EU stellt Spanien durch die unter verstärktem Migrationsdruck stehenden Kanarischen Inseln sowie die Exklaven Ceuta und Melilla vor besondere Probleme. Es ist darüber hinaus auch eines der Länder, in welchen die meisten Asylanträge gestellt werden. Dieser Umstand spielt jedoch auf den internationalen Gipfeltreffen keine Rolle, denn diese Asylbewerber kommen größtenteils nicht im Flüchtlingsboot über das Meer, sondern mit dem Flugzeug. Ihre Herkunftsländer liegen nicht auf dem afrikanischen Kontinent, sondern in Lateinamerika.
Allein im Jahr 2019 wurden 118.000 Asylanträge gestellt. Die Antragsteller stammen meist aus Venezuela, Kolumbien und Mittelamerika. Demgegenüber nimmt sich die Zahl der illegalen Grenzübertritte, in 2019 waren es 32.000, eher gering aus.

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