Änderungen des spanischen Wohnungseigentums-Gesetzes


Ein Artikel von Dr. Burckhardt Löber und Fernando Lozano

Das spanische Gesetz über das horizontale Eigentum, bekannt als Wohnungseigentumsgesetz, gilt nicht nur für Eigentumswohnungen, Geschäftslokale und Garagen, sondern in gleicher Weise auch für Reihenhäuser und Urbanisationen.

Überall dort, wo es Privateigentum  gibt, das mit gemeinschaftlichen Elementen wie Treppen, Dächern, Grünflächen u.ä. verbunden ist, findet es grundsätzlich Anwendung. Dem leicht in die Jahre gekommenen Gesetz wurde soeben eine Frischkur verpasst. Das Reformgesetz 8/2013 hat sich jetzt mitten in der Immobilienkrise Schwachpunkten des Gesetzes aus dem Jahr 1960 angenommen. Ziel des Gesetzgebers sind Eigentümergemeinschaften mit einer gut funktionierenden Eigentumsordnung. Darin soll Behinderten barrierefreier Zutritt zu ihren Wohnungen ermöglicht, der nachträgliche Einbau von Fahrstühlen durch entsprechende Erleichterungen einfacher gemacht und zahlungsunwilligen Gemeinschaftern die Leviten gelesen werden. Erwerber von Wohnungseigentum, Reihenhäusern oder Geschäftslokalen haften danach in erweitertem Umfang  für Umlageschulden des Vorgängers. Die bisher verlangte rigide Einstimmigkeit bei Änderung des Errichtungstitels und der Satzung ist damit einer neuen Regelung gewichen, die sich mehr an der sozialen Komponente orientiert. Das Gesetz berücksichtigt auch Umweltgesichtspunkte wie Solaranlagen und ist insgesamt flexibler geworden. So kann das Amt des Verwalters jetzt jeder Miteigentümer mit entsprechender beruflicher Qualifikation ausüben. Insgesamt sorgt das Reformgesetz dafür, dass Eigentümergemeinschaften nicht an inneren Problemen zerbrechen.

Die wichtigsten Änderungen und Neuerungen:

1. Jeder Eigentümer hat auch in seiner Wohnstätte oder in seinem Geschäftslokal solche Reparatur- und Renovierungsarbeiten zu dulden, die seitens der Eigentümergemeinschaft für notwendig erachtet werden (Art. 9. 2 c). Er hat die Umlagen gemäß seiner Beteiligungsquote zu entrichten (Art. 9.2 e)

2. Den Umlagenforderungen der Gemeinschaft kommt Vorrang gegenüber zahlreichen anderen Gläubigern zu, insbesondere gegenüber Hypothekenforderungen von Banken. Dies gilt für die Gemeinschaftsforderungen des laufenden wie auch für die der vorangegangenen drei Jahre.

3. Insbesondere Neu-Erwerber haften für vorgenannte Forderungen mit ihrem gerade erworbenen Eigentum für einen Zeitraum bis zu drei Jahren vor dem Erwerb.

4. Jeder Eigentümer hat alljährlich den Reservefonds zu bedienen zwecks Vornahme von notwendigen Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten. Die gesetzliche Rücklage (reserva) beläuft sich auf 5% des letzten gewöhnlichen Kostenvoranschlags der Gemeinschaft (Art. 9.2 f).

5. Keines besonderen Eigentümerbeschlusses bedürfen Auflagen und Anordnungen der Öffentlichen Hand (Administraciones públicas) oder solche, die auf dem Antrag von Eigentümern beruhen: Instandhaltungsmaßnahmen für den Gebäudeerhalt; in gleicher Weise aber auch solche, die aus Gründen der Sicherheit, der Bewohnbarkeit und für den allgemeinen Zutritt zum Gebäude notwendig sind. Auch kann die Aufstockung des bestehenden Gebäudes eine derartige Maßnahme sein. Weiterhin können im Rahmen des Reformgesetzes Wohnungsteilungen oder –zusammenlegungen erfolgen. Insoweit ist ein Eigentümerbeschluss von einem Drittel der Eigentümerstimmen und einem Drittel der Quoten ausreichend.

6. Den besonderen Schutz des Gesetzes genießen Behinderte und Bewohner über 70 Jahre. Der Einbau von Fahr­­stühlen, um Behinderten und Älteren den Zugang zu ihrer Wohnung zu erleichtern, bedarf eines einfachen Mehrheitsvotums der Gemeinschaft, das wie immer doppelt vorliegen muss, das der Stimmen und das der Quoten. Bis zum 28. Juni 2013 bedurften Beschlüsse dieses Inhalts der doppelten 3/5-Mehrheit.

7. Sollen bisherige Dienstleistungen der Gemeinschaft wie Pförtner, Wachdienst, etc. aufgehoben oder neu bestellt werden, so bedarf dies einer Mehrheit von 3/5 der Eigentümer und der Quoten. Gleiches gilt, wenn etwa eine bisherige Pförtnerwohnung vermietet werden oder das Haus mit einer Solaranlage versehen werden soll.

8. Der Gesetzgeber hat auch an Elektroautos und ihre Aufladung in der Anlage gedacht. So bedarf der Einbau einer Ladestation keines besonderen Gemeinschafts-Beschlusses, wenn diese auf dem Stellplatz des Eigentümers montiert wird. Der Präsident oder der Verwalter der Eigentümergemeinschaft ist aber von dem ‚Einbau der Ladestation in Kenntnis zu setzen. Die entsprechenden Kosten wie Montage der Zähler etc.  müssen von dem oder den entsprechenden Eigen­tümer(n) der Elektroautos selbst getragen werden.

9. Was gültige Eigentümerbeschlüsse betrifft, so gilt zwar grundsätzlich, dass solche, die den Errichtungstitel oder die Gemeinschaftssatzung betreffen, der Einstimmigkeit sowohl hinsichtlich der Quoten als auch der Stimmen bedürfen, hier jedoch erhebliche Ausnahmen zulässig sind.

10. Für andere Entscheidungen reicht grundsätzlich die einfache Mehrheit der Stimmen und Quoten aus, wobei in zweiter Einberufung die einfache Stimmenmehrheit der Anwesenden ausreicht; hierbei ist jedoch zu beachten, dass in jedem Falle die Quotenmehrheit erforderlich ist.

11. Kommt jedoch ein Mehrheitsbeschluss überhaupt nicht zustande, kann auf Antrag eines oder mehrerer Eigentümer im Monat nach der zweiten Einberufung der Eigentümerversammlung das zuständige Gericht angerufen werden. Dieses hat nach Anhörung der Kontrahenten binnen 20 Tagen eine auf Billigkeit (equidad) beruhende Entscheidung zu treffen. In dieser gerichtlichen Entscheidung wird zugleich über die Kostentragung befunden.

12. Das Reformgesetz unterstreicht, dass nicht wegen jeder Meinungsverschiedenheit in der Gemeinschaft der Kadi angerufen werden sollte. Ein Schiedsgericht oder ein technisches Gutachten führen häufig zu besseren und schnel­leren Ergebnissen, ohne die Gemeinschaft zu spalten.

Am Schluss dieses Beitrags darf darauf hingewiesen werden, dass eine deutsch-spanische Textausgabe des spanischen Wohnungseigentumsgesetzes (Ley de propiedad horizontal) mit umfangreichen Erläuterungen und Formularen existiert: Löber/Pérez/Huzel, Wohnungseigentum und Urbanisationen in Spanien, 5. Auflage. Es ist zu beziehen bei der Verlagsauslieferung der edition für internationale wirtschaft, Marienstraße 5, 34117 Kassel, Telefon: 0561 7391621, E-Mail: editionspanien@aol.com.

Die Autoren

Die Autoren sind Rechtsanwälte bzw. Abogados in Frankfurt am Main, Dénia und Valencia. Dr. Löber betreibt in Partnerschaft mit Rechtsanwalt Dr. Steinmetz eine Kanzlei in Frankfurt am Main, Kaulbachstraße 1, D-60594 Frankfurt am Main (Tel. 0 69- 96 22 11 23, Fax: 0 69 – 96 22 11 11) info@loeber-steinmetz.de, www.loeber-steinmetz.de. Er betreibt gleichzeitig mit Herrn Lozano, Abogado und Asesor Fiscal die Kanzlei Loeber & Lozano Abogados SLP (03700 Dénia: Marqués de Campo 27, Tel. +34-965 78 27 54, Fax: +34-965 78 53 64, denia@loeberlozano.com und in 46004 Valencia, Conde de Salvatierra, 21, Tel. +34-963 28 77 93, Fax: + 34-963 28 77 94,  info­@loeberlozano.com, www.loeberlozano.com).

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