Ausländische Investoren wittern in Spanien das große Geschäft


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Günstige Preise und Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung

Die Beteiligung von Bill Gates an dem Baukonzern FCC beweist das wachsende Interesse ausländischer Anleger an spanischen Unternehmen, Staatsanleihen und Immobilien.

Madrid – Angesichts der stark gefallenen Preise auf der einen Seite und der Stabilisierung der Wirtschaft auf der anderen Seite ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt zum Investieren. Doch die Experten warnen vor zu viel Überschwang, denn die Erholung des Aktienmarktes hat sich – noch – nicht auf die Realwirtschaft übertragen.

Schnäppchenpreise

Infolge der geplatzten Immobilienblase und der seit 2007 andauernden, alle Sektoren treffenden Wirtschaftskrise haben die börsennotierten Firmen durchweg bedeutend an Wert verloren. Obwohl der spanische Aktienindex IBEX seit Jahresbeginn wieder um 22% zugelegt hat, liegt der Wert immer noch 40% hinter seinem vor der Krise erreichten Rekord von 16.000 Punkten zurück. Firmenbeteiligungen sind derzeit äußerst günstig zu erwerben, wie das Beispiel von Bill Gates zeigte. Der mit einem geschätzten Vermögen von 75,1 Milliarden Dollar reichste Mann der Welt hat 6% der Anteile an FCC gekauft – und damit ein gutes Geschäft gemacht. Schließlich kostete eine FCC-Aktie vor der Krise noch bis zu 83,9 Euro, Gates erwarb nun sieben Millionen Aktien zum Stückpreis von nur 16,2 Euro. Damals hätte der Magnat für die Beteiligung 587 Millionen Euro bezahlt, heute waren es nur 113 Millionen Euro.

Auch Staatsanleihen über 10 Jahre sind derzeit günstig zu erwerben. Vor fünf Jahren lagen diese im Preis nur 0,25% hinter den deutschen zurück, nun beträgt der Abstand 2,4%. Vor einem Jahr waren es sogar über 4%.

Auf dem Immobilienmarkt – der „Wurzel des Übels“ – schaut es kaum anders aus. Der gewaltige Überschuss an Objekten, die während der „goldenen Zeiten“ gebaut, dann jedoch nicht verkauft wurden, hat den Absturz der Preise um 37% zur Folge gehabt.

Ausländer blicken nach Spanien

Angesichts dieser Schnäppchenpreise und einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Faktoren wächst das Interesse der Ausländer an Unternehmensbeteiligungen, staatlichen Anleihen und Immobilien. Gerade die Reichsten der Reichen haben in letzter Zeit diesen Trend mit kleineren Beteiligungen untermauert. Neben Bill Gates bei FCC haben sich beispielsweise der Mexikaner Carlos Slim bei der Mediengruppe PRISA und beim Fußballclub Oviedo C.F., Warren Buffett bei Merqinsa sowie der Kolumbianer Jaime Gilinski und der Mexikaner David Martínez bei Banco Sabadell eingekauft. „Die ausländischen Investitionen folgen einem positiven Trend. Die Anleger sind jedoch vorsichtiger als vor der Krise und entscheiden sich für sichere Anlagen wie Kapitalerweiterungen oder den Kauf bestehender Unternehmen,“ heißt es in einem Bericht des Staatssekretariats für den Handel.

Der Staat stößt bei der Ausgabe von Titeln und der Suche nach Finanzierung ebenfalls auf wenig Probleme – der Verkauf von Anleihen läuft gut.

Auffallend ist auch der Einstieg von Ausländern in das Immobiliengeschäft. Nur als Beispiele: die „Bad-Bank“ Sareb, welche den Stock ursprünglich mit „faulen“ Hypotheken belastete Objekte über Rabatte von bis zu 40% abzubauen sucht, hat an den HIG-Fonds ein Paket aus 939 Immobilien, 750 Garagenplätzen und einem Ladenlokal für 100 Millionen Euro, die katalanische Regionalregierung 13 Gebäude an den Versicherungskonzern AXA für 172 Millionen Euro verkauft; Blackstone hat 1.800 Mietwohnungen in Madrid erworben.

Kein Garant für Realwirtschaft

Es fließt ausländisches Geld nach Spanien, nach den Angaben der Experten jedoch vorwiegend auf den Finanzmarkt und nicht in die produktive Realwirtschaft, die weiterhin stagniert und nicht in der Lage ist, die Arbeitslosenquote von 26% zu verringern. Zwar gehe normalerweise die Erholung des Finanzmarktes der Erholung der Realwirtschaft voraus, doch könne bis dahin viel Zeit vergehen und das neuerweckte Interesse an Spanien wieder abnehmen, warnte José Luis Martínez Campuzano von Citi.

Auch ist zu bedenken, dass der Erfolg großer spanischer Unternehmen häufig auf ihrem Auslandsgeschäft beruht. Über die Hälfte der Gewinne von FCC werden außerhalb des Landes erwirtschaftet, der von Amancio Ortega gegründete Textilkonzern Inditex macht die meisten Umsätze im Ausland. Das wiederum macht die finanzielle Gesundheit der spanischen Unternehmen anfällig für Probleme der Weltwirtschaft, wie etwa die Finanzprobleme in den USA.

Insofern warnte Martínez Campuzano vor zu viel verfrühter Euphorie.

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