„Boiler Room“-Betrug an 5.000 britischen Rentnern


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Falsche Börsenmakler operierten hauptsächlich von Barcelona und Málaga aus

Eine Kette von betrügerischen Finanzanlage-Agenturen hat 5.000 britische Bürger, größtenteils Pensionäre zwischen 60 und 70 Jahren, um rund 18 Millionen Euro betrogen. In Zusammenarbeit mit der britischen Polizei hat das spanische Dezernat für Wirtschaftskriminalität nun das ganze Netz auffliegen lassen.

Madrid – Nach zwei Jahren Ermittlungsarbeit konnten im Zuge des polizeilichen Zugriffs in Spanien 25 Hausdurchsuchungen durchgeführt und 15 dieser falschen Finanzbüros ausgehoben werden, dazu zwei in Großbritannien und eines in Serbien. Insgesamt wurden 108 Personen festgenommen, 66 davon in Barcelona, zwölf in Málaga, zwanzig in Großbritannien, acht in Serbien und zwei in den USA.

Von den 78 in Spanien festgenommenen Verdächtigen müssen elf in Untersuchungshaft bleiben, und dreizehn kamen nur gegen Kaution auf freien Fuß, auch gegen die restlichen Verdächtigen wird Anklage erhoben.

Das „Geschäftsmodell“ des kriminellen Netzwerks wird im Englischen „Boiler Room“-­Betrug genannt. Finanzagenturen mit seriös klingenden Namen verkaufen Aktien, die nicht an der Börse gehandelt werden, von angeblich hoch rentablen Firmen, die jedoch in Wirklichkeit nicht existieren oder nichts wert sind. Im vorliegenden Fall waren die Betrüger in Gruppen von je zwanzig Personen organisiert, deren Anführer Listen potenzieller „Kunden“, Büroräume und falsche Papiere für die Eröffnung von Bankkonten besorgten. Schreibtisch an Schreibtisch in großen Büros zusammengepfercht, telefonierten sie dann im Akkord die Listen ab.

Ihre Vorgehensweise war immer gleich: Zunächst kontaktierten sie die anvisierten Opfer in Großbritannien in einem ersten Anruf, um sie einzuschätzen, und stellten sich als Börsenmakler vor. Bei einem zweiten Anruf wurde dann ein konkretes Investitionsangebot unterbreitet.

Die eingenommenen Gelder bewegten die Gruppenleiter, um den Verbleib zu verschleiern, im In- und Ausland von Konto zu Konto, zwischen Spanien, der Schweiz, Zypern, Hongkong, Singapur und den Arabischen Emiraten. Zuletzt wurde die Beute über die Bankkonten von Strohmännern und Firmen, die keinen direkten Kontakt zu den Betrugsgeschäften hatten, wieder in den legalen Geldkreislauf gebracht.

Wenn unter einem bestimmten Agenturnamen eine Reihe von „Verkäufen“ durchgeführt  war, verschwanden die Akteure der Betrugsserie, ohne Spuren zu hinterlassen. Die Büros blieben geschlossen, und die Gruppe begann an einem neuen Ort, mit neuem Namen, neuer Website, E-Mail-Adressen, Telefon- und Faxnummern dasselbe Spiel wieder von vorn.

Innerhalb der „Boiler Rooms“, die niemals länger als ein Jahr am selben Ort blieben, wurde auf die Mitglieder starker Druck ausgeübt. Die Anführer verhängten harte Geldstrafen, wenn diese die vorgegebenen Ziele nicht erreichten, zu spät kamen, nicht gehorchten oder sich nicht an die vorgeschriebene eiserne Disziplin hielten. Rauchen und Feiern war verboten, wie überhaupt alles, was die Aufmerksamkeit der Anwohner oder der Polizei erregen konnte.

Bei den Durchsuchungen wurden zahlreiche Dokumente, die mit den Betrügereien in Zusammenhang stehen, beschlagnahmt, unter anderem Gesprächsleitfäden, Kundenlisten und Unterlagen zu Konten und Gesellschaften in Steueroasen. Außerdem konnten 200 externe Datenspeicher, 100 Computer, 89 Han­-dys sowie Schmuck und Uhren im Wert von 417.000 Euro, 91.000 Euro in bar, ausländische Kreditkarten und Luxusautos im Wert von 480.000 Euro sichergestellt werden.

 Parallel dazu wurden in Spanien eine Reihe von Bankkonten der Organisation gesperrt und in den USA verschiedene Depots eines der Festgenommen im Wert von insgesamt 700.000 Dollar eingefroren.

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