Debatte zur Lage der Nation


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Partido Popular hat das Schlimmste überstanden

Präsident Rajoy erschien am 20. und 21. Februar, den beiden Tagen, die für seinen Rechenschaftsbericht und die Debatte zur Lage der Nation angesetzt waren, unter den denkbar schlechtesten Vorzeichen vor dem Abgeordneten-Kongress.

Madrid – Mit beinahe sechs Millionen Arbeitslosen, einer wirtschaftlichen Situation, die sich zusehends verschlechtert und dem größten Korruptions-Skandal, den seine Partei je erlebte und der direkt an die Tür der Parteizentrale klopft. Rajoy und sein Team hatten sich bestens vorbereitet, um diese schwierige Debatte zu überleben. Diese Vorbereitung, die sich auch auf den skeptischen Flügel der Partei erstreckt hatte, brachte schließlich ihre Früchte.

Der Präsident, dank einer in allen Details ausgearbeiteten Rede, in der er unter anderem  neuartige Maßnahmen gegen die Korruption ankündigte, ohne auch nur ein einziges Mal den Skandal zu erwähnen, der seine Partei betrifft, konnte zumindest seine eigenen Parteimitglieder überzeugen. Er machte eine klare Ansage über das, was jetzt am stärksten interessiert – er werde nicht zurücktreten, er sei entschlossen durchzuhalten, solange es erforderlich ist. „Partido Popular wird vier Jahre lang regieren, denn dafür sind wir gewählt worden“, hatte er dem Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba geantwortet. Eine Antwort, die auch an die Barone seiner Partei, die Präsidenten der regionalen Regierungen, gerichtet war. Aber auch an die Unternehmer und an alle, die geglaubt hatten, dass er bereits politisch tot sei.

Die Partei war zufrieden, als sich herauskristallisierte, dass es Rajoy gelang, die Debatte in seinem schwersten Moment zu retten und nicht im Sumpf der Korruption unterzugehen, wie viele befürchtet hatten. Viele Abgeordnete seiner Partei waren überrascht, dass Oppositionsführer Rubalcaba ihn nicht so schwer mit dem Fall des Ex-Schatzmeisters Bárcenas beschädigen konnte, wie angenommen worden war. Und der hatte nicht einmal den Fall Ana Mato, der Gesundheitsministerin, zur Sprache gebracht, die ebenfalls unter Korruptionsverdacht steht, und gegen die man einen Frontalangriff erwartet hatte.

In seiner Gegenrede, die Rajoy offenbar sorgfältig ausgearbeitet hatte, ging er von der ersten Minute an regelrecht brutal auf den Sozialistenchef Rubalcaba los. „Ihre Partei wurde wegen illegaler Finanzierung bestraft, meine nicht“, rief er seinem politischen Gegner zu. „Und ich habe nicht Ihren Rücktritt gefordert, das hat mich nicht interessiert.“

Ganz offensichtlich war der Präsident auf eine viel schärfere Debatte vorbereitet, auf eine Schlammschlacht. Viele seiner Parteifreunde hatten später geäußert, er sei in seinen Äußerungen Rubalcaba gegenüber viel zu scharf vorgegangen. Offensichtlich hatte er ein anderes Szenario erwartet.

Den Kopf aus dem Wasser

Rajoy versuchte, wieder Schritt zu fassen. „Spanien hat den Kopf wieder aus dem Wasser“, rief er den Volksvertretern zu. „Dank der Maßnahmen, die wir treffen mussten, haben wir den Weg ins Desaster verlassen.“ Die Bilanz seiner Regierungszeit fasste er kurz zusammen: „Die wirtschaftliche Realität ist weiterhin schrecklich hart. Aber es würde uns wesentlich schlechter gehen, und wir wären ohne die Sparpläne in einen tiefen Abgrund gestürzt. Das konnte glücklicherweise vermieden werden.“

Er habe sich in einem Dilemma befunden zwischen den Dingen, die er versprochen habe und der Erfüllung der Pflicht angesichts der Tatsachen, die er vorgefunden habe. Das sei der Grund für die Nichterfüllung seines Wahlprogramms. Und weil er dabei war, Bilanz zu ziehen, nutzte er die Realität zu einem Vergleich des Spanien von heute mit dem, was er vom Vorgänger José Luis Zapatero vor vierzehn Monaten übernommen hatte. Er klammerte sich an den Erfolg, das Staatsdefizit auf sieben Prozent abgesenkt zu haben, an die Glückwünsche der Partner der EU und der Europäischen Zentralbank. Er lobte die Erfolge der Arbeitsreform und der Reform des Finanzsystems und erwähnte das geplante neue Reglement, nach dem die Mehrwertsteuer erst dann abzuführen sei, wenn die Rechnungen auch tatsächlich kassiert sind.

Die Sprecher mehrerer politischer Gruppen ließen sich davon nicht beeindrucken. Cayo Lara, Fraktionschef der Vereinigten Linken und der Sprecher der Grünen forderten Rajoy ohne Umschweife auf, zurückzutreten und Neuwahlen auszuschreiben.

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