Delfine sind keine Spielgefährten

Badegäste in Gesellschaft von Manoliño im Sommer 2020 Foto: efe

Badegäste in Gesellschaft von Manoliño im Sommer 2020 Foto: efe

In einer Bucht vor Vigo lockt ein einsamer Delfin die Badegäste an

A Coruña – Delfine sind bekanntlich die „Gesellschaftslöwen“ der Meere. Ihre vielschichtige gesellschaftliche Interaktion macht sie zu Teilnehmern verschiedener Gruppen ihrer Spezies. Delfine suchen sich ihre „Freunde“ mit Sorgfalt aus und verbringen ihren Tag oftmals mit unterschiedlichen Herden.

Und manchmal passiert es auch, dass ein Artgenosse einfach aus einer Gruppe verwiesen wird, und sich dann einer anderen Gruppe anschließt.
So scheint es dem Delfin passiert zu sein, der sich seit einigen Wochen in der Ria von Noia im galicischen A Coruña herumtreibt. Schon im letzten Jahr verbrachte der Meeressäuger einige Wochen am gleichen Ort und zeigte sich sehr zutraulich.

Vor einigen Tagen tauchte er zur großen Freude der Ortsbewohner, die ihn inzwischen auf den Namen Manoliño getauft haben, erneut in der Ria auf. Er nimmt am allgemeinen Badespaß der Strandbesucher teil. Nicht selten versucht manch einer sogar, auf den Rücken des Tieres zu klettern.
Die Beziehung des Delfins zu den Badenden ist für die Fischer und Muschelsammler inzwischen zu einem großen Problem geworden, denn Manoliño lässt seine Lebensfreude auch an ihnen aus. In den letzten Wochen ist es mehrmals zu lebensbedrohenden Situationen für die Petrijünger gekommen. Jorge Senra ist eines der Opfer des übermütigen Delfins. Zunächst knabberte Manoliño dem Taucher beim Muschelsammeln nur leicht am Ellbogen. Einige Tage später allerding biss er kräftig zu, zerriss den Taucheranzug und zerrte Jorge mit großer Geschwindigkeit an die Oberfläche. Die Bisswunden waren nicht schwerwiegend, trotzdem verbrachte Senra mehrere Tage im Krankenhaus. Es musste festgestellt werden, ob er aufgrund des blitzartigen Auftauchens und der mangelnden Dekompression Schaden genommen hatte.

Für die Meeresbiologen ist das Verhalten des Delfins nicht überraschend. Der Biologe Bruno Díaz ist Mitglied des Forschungsinstituts für Meeressäuger „Coordinadora para o Estudio dos Mamíferos Mariños“, kurz CEMMA, an dessen Gründung er beteiligt war. Er arbeitet und forscht seit 1995 auf dem Gebiet der Meeressäuger. Díaz geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, und Manoliño sich irgendwann einer neuen Gruppe von Artgenossen anschließen wird. Für besorgniserregend hält er jedoch die Tatsache, dass der Delfin eine der Eigenschaften verloren hat, die sein Überleben gewährleistet: die Angst vor den Menschen.

Alle Aufrufe an die Badegäste, den Tümmler in Ruhe zu lassen, haben nur das Gegenteil bewirkt. Jeden Tag geht es in der Ria hoch her. Alle suchen die Begegnung mit Manoliño.

Umso besorgter blicken die Mitglieder der Fischereigenossenschaft den kommenden Monaten entgegen, wenn Scharen von Urlaubern die Strände füllen werden. Durch den entstandenen Eindruck von dem spielfreudigen Delfin gerät die Tatsache in Vergessenheit, dass das 300 Kilo schwere Tier schnell zu einer potenziellen Gefahr für seine Bewunderer werden kann.

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