„Die andere Waffenruhe“ – eine Gedächtnisstütze


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Ein Doku-Film der Sozialisten zeigt, wie „großzügig“ sich die damalige Regierung mit den ETA-Terroristen während der Waffenruhe von 1998 zeigte

Die Gegner mit den eigenen Waffen schlagen oder einfach nur ein Versuch, die Bevölkerung an die Vorkommnisse zu erinnern, die die erste von der baskischen Terrororganisation ETA ausgerufene Waffenruhe im Jahr 1998 auszeichneten? Tatsächlich hat die oppositionelle Volkspartei (PP) in den letzten Monaten mehrmals mit der Veröffentlichung von regierungskritischen Filmen von sich Reden gemacht.

Madrid – Was genau jetzt jedoch die Sozialisten (PSOE) dazu bewegt hat, selbst einen Film herauszubringen, darüber kann nur spekuliert werden. Tatsache ist jedoch, der Schachzug ist ihnen gelungen. Denn der 18-minütige Doku-Film mit dem Titel „La otra tregua“ („Die andere Waffenruhe“) demonstriert anhand zahlreicher echter Filmaufnahmen aus jener Zeit das „großzügige“ Vorgehen, das die damalige konservative Regierung (PP) unter José María Aznar den ETA-Terroristen in Aussicht stellte. Eine Großzügigkeit, ganz nebenbei gesagt, die sie heute bei der sozialistischen Regierung scharf kritisiert, obwohl sie gar nicht gegeben ist. Doch zurück zum Film: Um Tatsachen von damals zu veranschaulichen, war nicht einmal die Rolle eines Sprechers nötig, der über die zahlreichen Zugeständnisse berichtet, mit denen die konservative Regierung die ETA bedachte, wenn sie nur die Waffen niederlegte. Denn sowohl Aznar als auch seine damaligen Minister würden diese Aufgabe in Form ihrer damaligen Aussagen höchstpersönlich übernehmen.

So wird beispielsweise überdeutlich, dass die Konservativen damals nicht nur zu allen Zugeständnissen bereit waren, die sie heute so scharf bei den Sozialisten kritisieren. Nein, ihren Worten folgten auch Taten. So wurden in jener Zeit – nur knapp vier Monate nach dem letzten ETA-Mord – bereits über 120 ETA-Häftlinge aus Gefängnissen von den Balearen und den Kanaren auf das spanische Festland verlegt. Ein Zugeständnis, das die heutige sozialistische Regierung bei der aktuellen Chance auf Frieden im Baskenland noch nicht einmal ins Auge gefasst hat. Des Weiteren, und dafür findet bis heute kaum jemand eine zufriedenstellende Antwort, ließ sich der damalige Ministerpräsident Aznar sogar dazu bewegen, die Terrororganisation wiederholt als „Baskische Befreiungsbewegung“ zu bezeichnen. Und selbstverständlich fanden Treffen mit den Terroristen statt, und zwar bevor sicher festgestellt war, ob die Terroristen ernsthaft zur Niederlegung der Waffen bereits sind.

Und trotz aller, teils wahrhaft großzügiger Bereitschaft zu Zugeständnissen fand die damalige konservative Regierung in all ihren Handlungen in dieser wichtigen Angelegenheit die uneingeschränkte Unterstützung aller im Parlament vertretenen Parteien, inklusive der Sozialisten.

All diese Tatsachen stehen im krassen Gegensatz zu den von Kennern der spanischen Politszene oft als „skandalös“ und „unverantwortlich“ bezeichneten Vorgehen der oppositionellen Volkspartei im heutigen Friedensprozess im Baskenland, der zugegebenermaßen einen „delikaten“ Moment durchlebe, unter Umständen sogar scheitere, dennoch aber weit bessere Aussichten auf einen guten Ausgang habe, als die Waffenruhe von 1998.

Trotzdem können die Konservativen nicht davon ablassen, das Thema zu parteipolitischen Zwecken zu missbrauchen, ein Verhalten, das letztendlich mitverantwortlich dafür sein könnte, dass der Friedensprozess zum Stillstand gekommen ist.

Die Volkspartei bezeichnet den Film übrigens als „unmoralisch“, der ehemalige Ministerpräsident José María Aznar, der den Film als Ansammlung von Verfälschungen bezeichnete, ließ sich sogar zu dem Kommentar „Lasst mich doch endlich in Ruhe“ hinreißen. PP-Sprecher Eduardo Zaplana erklärte seinerseits, durch den Film seien im Grunde „die wenigen Brücken der Gemeinsamkeit“ mit der PSOE „gesprengt“ worden.

Der Film „La otra tregua“ kann im Internet auf der Website www.psoetv.es in spanischer und englischer Sprache angesehen werden.

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