Drei junge Marokkaner „verbuddelten“ ihre Pässe

Louelia Mint El Mamy im Migrantenlager vor dem Aufnahmezentrum in Las Raíces. Sie vertritt als Anwältin die Interessen von illegal eingereisten Migranten. Foto EFE

Louelia Mint El Mamy im Migrantenlager vor dem Aufnahmezentrum in Las Raíces. Sie vertritt als Anwältin die Interessen von illegal eingereisten Migranten. Foto EFE

Aus Angst vor einer Rückführung und davor, dass die 3.000 Euro teure Reise umsonst war, entledigten sie sich ihrer Ausweise direkt nach der Ankunft mit einem Migrantenboot

Teneriffa – Die Geschichte von drei jungen Marokkanern, die mit einem Fischerboot die Kanaren erreichten, und die Ende April von einer Reporterin der Nachrichtenagentur EFE geschildert wurde, hätte ganz anders ausgehen können, hätte sich nicht eine junge Anwältin für sie eingesetzt.
Louelia Mint El Mamy, bekannt als Lala, lebt seit 1999 auf den Kanarischen Inseln. Sie stammt aus der Westsahara und ist als Betroffene mit der Thematik der Migration vertraut. Als Juristin vertritt sie auf den Kanaren Menschen, die auf dem Seeweg die Inseln erreichen. Sie ist unter anderem Mitglied der Kommission für Ausländer und Menschenrechte der Anwaltskammer von Santa Cruz de Tenerife und des Verbands der Sahrauischen Anwälte in Spanien.
Die Geschichte, die Louelia der EFE-Reporterin Belén Rodríguez schilderte, handelt von drei ihrer jungen Klienten, die vor einigen Wochen auf den Kanaren ankamen, und die aus Angst vor einer Rückführung ihre Ausweise verbuddelten. Als sie Anfang April in das Fischerboot stiegen, das sie von Marokko auf die Kanaren bringen sollte, hatten sie ihren Entschluss gefasst; sie würden sofort nach der Ankunft auf europäischem Boden ihre Pässe, die sie bereits in Plastiktüten verpackt hatten, an der erstbesten Stelle vergraben, um zu verhindern, dass sie identifiziert und eventuell ausgewiesen und nach Marokko zurückgeschickt werden. Die Entscheidung, ihr Land zu verlassen, beruhe auf der aussichtslosen Arbeitslage, und sie hätten das Risiko nicht eingehen können, mit leeren Händen heimkehren zu müssen, nachdem jeder von ihnen 3.000 Euro für die Überfahrt bezahlen musste, berichteten sie Loueila.

An der beschriebenen Stelle fand sie die zusammengerollten und in Plastik gewickelten Pässe. Fotos: EFE
An der beschriebenen Stelle fand sie die zusammengerollten und in Plastik gewickelten Pässe. Fotos: EFE

Nach vier Tagen auf See erreichte das Boot Lanzarote, und sobald sie festen Boden unter den Füßen hatten, rannten sie los, um einen Platz zu suchen, wo sie ihre Pässe vergraben konnten. Erst als sie später in das Migrantenlager von Las Raíces auf Teneriffa gebracht wurden, erfuhren sie, dass ausgerechnet die Möglichkeit, sich ausweisen zu können, ihnen die Chance geben würde, von den Kanaren weiter auf das Festland zu reisen. Doch ihre Pässe waren auf Lanzarote vergraben.
Dank ihrer Anwältin, der sie den Ort beschrieben, wo sie angekommen waren und die nach Lanzarote reiste, um danach zu suchen, erhielten sie ihre Pässe zurück. Sie hatten sie auf einem brach liegenden Grundstück vergraben, jedoch an einer Stelle, an der ein Schild stand. Dank dieser Markierung konnte Louelia die in Plastik gewickelten Ausweise finden.
„Als ich sie ihnen zeigte, erhellten sich ihre Gesichter vor Freude“, erzählte Louelia, die darauf hinweist, wie diese Geschichte die Angst der Ankömmlinge vor einer Rückführung widerspiegelt, weshalb viele von ihnen ihre Ausweise entsorgen. Dabei seien ihre Pässe die Lösung für all ihre Probleme hier, fügte sie hinzu.
Mit ihren Pässen sind die jungen Männer nun berechtigt, die Weiterreise nach Spanien anzutreten und das Lager in La Laguna zu verlassen. „Inschallah“ – so Gott will – sagen sie und hoffen, dass es sich gelohnt hat, ihr Leben für eine bessere Zukunft aufs Spiel zu setzen.

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