Drogen und Prostitution steigern das BIP


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Spanisches Bruttoinlandsprodukt erhöht sich durch Rechentrick um 46 Milliarden Euro

Die EU und damit auch die spanische Regierung greifen in ihrem verzweifelten Versuch, ein ständiges Wirtschaftswachstum von mindestens drei Prozent zu erzielen, zu Mitteln, die dem Bürger gelinde gesagt verwirrend erscheinen müssen.

Madrid – Die neueste Maßnahme, ein Zahlenspiel, welches kein reales Wachstum begründen kann, besteht darin, die „Schattenwirtschaft“ in Form von Drogen, Prostitution, Schmuggel und Hehlerei mit in die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einzubeziehen.

Durch diesen fantastischen Kunstgriff steigt das spanische BIP um eindrucksvolle 46 Milliarden Euro. Wie diese Zahl zustande kommt, ist unklar, da die „Schattenwirte“ bekanntermaßen keine Steuererklärung abgeben.

Ab September wird die neue Regelung der EU zur Berechnung des BIP verbindlich und nach den Empfehlungen des EU-Statistikamtes EUROSTAT wird das Spanische Statistische Institut INE bei der Neuberechnung des BIP einen sprunghaften Anstieg auf etwa 4,5% herausbekommen, eine wundersame Vermehrung … der Zahlen.

Nach der neuen Berechnungsregelung mit dem unscheinbaren Namen SEC 2010 werden, abgesehen von Drogen- und Mädchenhandel, auch die Militärausgaben in das BIP einfließen. Sie werden neuerdings als Investitionen und nicht mehr als Konsum verbucht. Ebenso wird mit den Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Innovation verfahren.

Nach Angaben des INE hat auch die Aktualisierung der zugrunde liegenden Daten durch Volks- und Wohnraumzählung sowie Umfragen zur aktiven Bevölkerung einen Anteil am Anstieg der spanischen Wirtschaftsleistung.

Die Umstellung der Berechnung des Bruttoinlandsprodukts hat sofortige Auswirkungen auf die großen Kennzahlen der spanischen Wirtschaft. Der plötzliche Anstieg um bis zu 4,5% verändert das Verhältnis der Schulden zum BIP, eine Kennzahl, welche von „den Märkten“ als Maß für die wirtschaftliche Gesundheit eines Landes angesehen wird. Machten die Schulden zum Abschluss des vergangenen Jahres noch 93,9% des spanischen BIP aus, so werden es ab September nur noch 90% sein, ein Wert, den einige Experten als kritische Grenze ansehen, damit Wachs­tum möglich wird.

Wie der Einfluss von Prostitution und Drogenhandel bewertet werden soll ist unklar, da hierzu keine offiziellen Daten existieren. Das Spanische Statistische Institut versicherte dazu, es verfüge über Umfragen, Quellen und Beobachtungen, die eine Schätzung ermöglichten, erklärte jedoch nicht näher, woher die Zahlen stammen, die es seinen Berechnungen zugrunde legt.

Portugal und Großbritannien haben schon errechnet, welche Auswirkungen das Drogengeschäft und die Prostitution für sich genommen auf ihr BIP haben werden, beide steigen um 700 Millionen bzw. 12,3 Milliarden Euro.

EUROSTAT hatte schon vor Jahren empfohlen, den Effekt der illegalen Aktivitäten in die Berechnung der Wirtschaftsleistung einfließen zu lassen. Bisher waren nur einige wenige Staaten wie Schweden, Norwegen, Finnland, Estland, Slowenien, Österreich und die Schweiz der Anregung gefolgt.

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