„Ein Köder für einen verschleierten Regimewechsel“

PP-Chef Pablo Casado im Parlament Foto: EFE

PP-Chef Pablo Casado im Parlament Foto: EFE

PP-Chef weigert sich, die Regierung im Hinblick auf eine Vereinbarung zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Spaniens nach Corona zu unterstützen

Madrid – Seit Längerem bemüht sich die spanische Regierung inzwischen schon, im Hinblick auf den Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Überwindung der Corona-Krise einen möglichst breiten Konsens mit der Opposition, den Gewerkschaften und den Regionalregierungschefs zu erzielen. In diesem Zusammenhang ist auch immer wieder die Rede von einem „neuen Pakt von Moncloa“ in Bezug auf den unter diesem Namen am 25. Oktober 1977 unterzeichneten Vertrag zwischen der Regierung – in Person des ersten demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Adolfo Suárez – und den wichtigsten Parteiführern im Abgeordnetenhaus. Die unter dem Namen „Pactos de La Moncloa“ bekannte Vereinbarung wurde vom Wirtschaftsverband CEOE und mehreren Gewerkschaften unterstützt und trug letztendlich dazu bei, dass Spanien ein so guter Übergang von der Diktatur zur Demokratie gelang.
Angesichts der gravierenden Auswirkungen, welche die Corona-Krise nicht zuletzt auf Spaniens Wirtschaft hat, streben die regierenden Sozialisten nun eine ähnliche Vereinbarung an, die von allen Entscheidungsträgern und Sozialakteuren unterstützt werden soll, um dem Land auch dieses Mal so gut wie möglich aus der Krise zu helfen. Ob der Regierung das gelingen wird, ist allerdings noch mehr als ungewiss.
Pablo Casado, der Chef der stärksten Oppositionspartei, der konservativen PP, jedenfalls hält nichts von der Unterzeichnung eines solchen Vertrages, den er Ende August als einen „Köder“ bezeichnete, mit dem Regierungschef Sánchez nichts weiter bezwecke, als einen Regimewechsel herbeizuführen.
„Der Pakt von Moncloa war notwendig, um den Übergang zur Demokratie zu erreichen. Wir befinden uns nun aber in einer Demokratie, wir sind jetzt Teil der Europäischen Union“, erklärte Casado wörtlich und fügte hinzu, eine derartige Vereinbarung sei gefährlich, da sie die Tarnung für einen in Wahrheit angestrebten Regimewechsel sein könnte.
Anzeichen dafür sieht Casado auch in der Tatsache, dass der Abgeordnetenkongress aus Sicherheitsgründen seit Beginn der Pandemie seine Aktivität auf ein Minimum beschränke, keine Kontrollsitzungen mehr stattfänden, was er als „Beschlagnahmung der Demokratie“ durch die Regierung bezeichnet. Der PP-Chef fordert inzwischen vehement, dass der normale Ablauf baldmöglichst wieder aufgenommen werden müsse.
Anstatt mit der Regierung an einem Strang zu ziehen, schlägt der PP-Chef lieber ein eigenes „Stoßprogramm“ vor, das Maßnahmen wie die Zahlung eines Lohnzuschlags für Gesundheitspersonal und die Freistellung von Steuern für alle Beschäftigten in den im Rahmen der Corona-Krise als unerlässlich erkannten Berufssparten vorsieht. Womit diese Sondermaßnahmen bezahlt werden sollen, erklärt er jedoch nicht.
Die Regierung erklärte im Zusammenhang mit der verhärteten Haltung der oppositionellen Volkspartei, die Parteispitze sei wohl davon überzeugt, dass die Pandemie und ihre Auswirkungen über kurz oder lang dazu führen werde, dass die Regierung gestürzt wird und wolle sich den Wählern gegenüber schon einmal als Alternative präsentieren. Die Regierung selbst sieht diese Gefahr allerdings nicht und lädt die Opposition erneut dazu ein, sich der Vereinbarung eines solchen Pakts anzuschließen. „Wenn wir einerseits fordern, dass sich die EU solidarisch mit Spanien zeigt, ist es nur logisch, dass auch wir hier vereint handeln müssen“, so ein Regierungssprecher. Ähnlich sieht es auch Innenminister Fernando Gran­de-Marlaska: „Wenn wir das Virus besiegt haben – und das werden wir eher früher als später – müssen wir eine bedeutende Anstrengung unternehmen, um das Land sowohl in gesellschaftlicher als auch wirtschaftlicher Hinsicht wieder auf die Beine zu bringen. Wir müssen vereint handeln. Inzwischen hat ein Großteil der Chefs der Regionalregierungen bereits signalisiert, dass sie einen solchen Pakt unterstützen und Teil des Wiederaufbaus werden wollen. Es wird nicht leicht werden, eine Einigung zu erzielen, aber das war es 1977 auch nicht. Es gab auch damals Momente, in denen es aussah, als wenn es nicht gelingen würde. Doch wenn wir es 1977 geschafft haben, dann schaffen wir es auch 2020“, so der eindringliche Appel des Innenministers.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.