Einsicht und Vorwürfe


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Zapateros letzte Kontrollsitzung im Abgeordnetenhaus

Die letzte Kontrollsitzung des Abgeordnetenhauses vor den Wahlen am 20. November ging weit über die typische Überprüfung der Regierungsarbeit hinaus, denn Noch-Präsident José Luis Rodríguez Zapatero nahm Abschied und Dauer-Konkurrent Mariano Rajoy verbitterte ihm diesen erheblich.

Madrid – Selbstkritischer Präsident

Zapatero verabschiedete sich am 21. September nicht nur von den Abgeordneten, sondern auch von seiner über 24 Jahre andauernden Zeit als Volksvertreter im spanischen Abgeordnetenhaus und von fast acht Jahren Präsidentschaft. Der 51-Jährige erklärte, er fühle sich verantwortlich für die hohe Arbeitslosenquote und scheide „keineswegs zufrieden“ aus dem Amt.

Doch erinnerte Zapatero auch daran, dass in seiner ersten Legislaturperiode die geringste Arbeitslosigkeit überhaupt verzeichnet worden sei. In der zweiten Legislaturperiode jedoch sei die schwerste Wirtschaftskrise der letzten 80 Jahre über die ganze Welt hereingebrochen und habe die aktuellen schlechten Wirtschafts- und Arbeitslosenzahlen mitverursacht. Der Kampf sei äußerst schwer gewesen, doch seine Regierung habe alles Erforderliche getan. Um den Staatshaushalt zu sichern und „Schlimmeres zu verhindern“, sei die Exekutive die nötigen Strukturreformen angegangen, allerdings immer mit Blick auf die Nöte der Menschen, insbesondere der Arbeitslosen.

Abschließend hob Zapatero sein Vertrauen in das Land und dessen Stärke im Kampf gegen die Krise hervor. An Mariano Rajoy richtete er den Hinweis und die versteckte Warnung, dass der Großteil der Bevölkerung verantwortungsvolle Politiker wolle, politische Führer, die nicht nur kritisierten, sondern auch Kon­kretes anzubieten hätten, die Spanien Vertrauen und Zukunft gäben.

Über „Erbe“ und „Lektionen“

Mariano Rajoy, Parteichef der Partido Popular (PP), ewiger Kontrahent von Zapatero und erneut Kandidat für das Präsidentenamt, gab in seiner Rede zu verstehen, dass er sich schon als Sieger fühle und warf Zapatero das „vergiftete Erbe“ vor, welches ihm dieser hinterließe und das er nun zu retten habe. Rajoy gab dem scheidenden Präsidenten die Schuld an „fast fünf Millionen Arbeitslosen, einer Arbeitslosenquote bei jungen Menschen von über 45%, einer stagnierenden Wirtschaft, einer Staatsverschuldung von mehr als 700 Milliarden Euro […], einem Durchschnittseinkommen auf dem Niveau von 2004, sozialen Kürzungen und einem großen Misstrauen gegenüber der spanischen Wirtschaft“.

Nach den Worten von Rajoy habe die sozialistische Regierung folgende „Lektionen für die Zukunft“ hinterlassen: die Wirtschaft müsse gut analysiert werden, man dürfe nicht eine gute Lage vortäuschen, es müsse nach Plan regiert werden und nicht nach plötzlichen Eingebungen, Improvisationen mit späteren Richtigstellungen. Außerdem dürfe Spanien nicht mit Deutschland gleichgestellt und es dürften keine falschen Erwartungen geweckt werden. Es müssten vernünftige Vor­aussagen getroffen werden; es dürfe nicht ausgegeben werden, was man nicht habe; es müssten Reformen durchgeführt werden; man dürfe nicht vom Erbe leben und träge sein und man könne nicht allein mit der Beschlussfassung von Dekreten regieren.

Der Präsidentschaftskandidat richtete sich auch an die Bevölkerung und erklärte: „Jetzt müssen wir uns alle anstrengen, aber ich bin absolut davon überzeugt, dass Spanien ein starkes Land ist und diese Situation überstehen wird.“

Als Rajoy seine Rede beendete, wurde ihm aufgrund von Zeitüberschreitung das Mikrofon abgestellt, sodass seine letzten Worte – gerichtet an José Luis Rodríguez Zapatero – untergingen: „Mögen Sie viel Glück haben.“

Es folgten ein langer Applaus der Konservativen, danach stehender Beifall der Sozialisten für den scheidenden Präsidenten Zapatero.

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