Entwurf zu neuem Kinderschutzgesetz verabschiedet

Pablo Iglesias bat bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs alle Opfer von Missbrauch, für die das neue Gesetzt zu spät kommt, um Verzeihung. Foto: efe

Pablo Iglesias bat bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs alle Opfer von Missbrauch, für die das neue Gesetzt zu spät kommt, um Verzeihung. Foto: efe

Die Regierung will mit strengeren Regelungen die „Straflosigkeit“ beenden

Madrid – Der spanische Ministerrat hat Mitte Juni den Entwurf zum neuen Kinder- und Jugendlichen-Schutzgesetz verabschiedet. Der Entwurf, der eine ganze Batterie an Maßnahmen zur Vorbeugung und Früherkennung von Straftaten gegen Kinder und Jugendliche sowie Wiedergutmachungsmaßnahmen für die Opfer enthält, wird nun dem Parlament zur Debatte vorgelegt. Aus Regierungskreisen wird versichert, man werde alles daransetzen, dass die nun anstehenden Verhandlungen so zügig wie möglich durchgeführt werden, damit das Gesetz baldmöglichst in Kraft treten kann.
Die Gewalt gegen Kinder bleibt meist für die Gesellschaft unsichtbar, warnen Kinderschutzorganisationen schon lange. Bei gut der Hälfte aller Fälle sexuellen Missbrauchs, die zur Anzeige gebracht werden, sind laut jüngsten Daten Minderjährige die Opfer. 2018 waren „38.000 Kinder Opfer einer strafbaren Handlung“, betonte auch der Vizeregierungs­chef Pablo Iglesias, der den Gesetzesentwurf den Medien vorstellte. Das sei allerdings nur die Spitze des Eisbergs, denn das Problem reiche viel tiefer und betreffe die am stärksten gefährdete und verwundbarste Bevölkerungsgruppe, für die es keine Lobby gäbe.
„Mit diesem Gesetz wird Spanien im internationalen Vergleich zu den Ländern mit dem besten Kinderschutz gehören“, erklärte Iglesias weiter und wies dabei besonders auf den ganzheitlichen Ansatz der vorgesehenen gesetzlichen Regelungen hin. „Das Gesetz wird die gesamte Gesellschaft mit einbeziehen und der bislang währenden Straflosigkeit, bedingt durch die schwere Sichtbarkeit dieser Straftaten, ein Ende setzen. Wir sehen die Gewalt gegen Kinder nicht als ein Problem an, das nur das private Umfeld betrifft, sondern als eines, bei dem die gesamte Gesellschaft gefordert ist“, so der Minister weiter. „Im Namen aller staatlichen Stellen bitte ich die Opfer dieser Straftaten, für die dieses Gesetz zu spät kommt, um Verzeihung. Ich hoffe, ihre Geschichten dienen dazu, dass sich solche Gräueltaten gegen Jungen und Mädchen nie wieder ereignen.“
Einer der wichtigsten Punkte des Gesetzes, das auf eine parlamentarische Initiative von 2015 zurückgeht, betrifft die Verjährungsfrist bei schweren Vergehen gegen Kinder, die erst dann beginnt, wenn das Opfer 30 Jahre alt wird und nicht wie bisher bereits mit 18 Jahren. Durch die Tatsache, dass die Verjährungsfrist je nach Schwere der Straftat zwischen fünf und zehn Jahre liegt, haben die Opfer demnach durch das neue Gesetz die Möglichkeit, bis zum Alter von 45 Jahren rechtlich gegen die Täter vorzugehen.
Kinderschutzexperten sehen diesen Punkt als besonders wichtig an, da Opfer von Gewalttaten in der Kindheit meist viele Jahre brauchen, um das Erlebte so weit zu verarbeiten, dass sie überhaupt fähig werden, die Täter anzuzeigen. Aus demselben Grund wird darüber hinaus festgelegt, dass Kinder unter 14 Jahren und Menschen mit Behinderungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nur ein einziges Mal aussagen müssen und dabei streng darauf geachtet wird, dass sie ihren Täter nicht sehen müssen.
Ein zweiter wichtiger Punkt des Gesetzentwurfes ist die Festlegung von Vorgehens- und Verhaltensprotokollen, die für Schulen und andere erzieherische Einrichtungen gelten werden und bei Fällen von Mobbing, Cyber-Mobbing, häuslicher Gewalt, Suizid, Selbstbeschädigung oder jeglicher anderen Form von Gewalt angewandt werden müssen.
Ähnliche Vorgehensregelungen wird es auch für Freizeit- und Sportanlagen, Gesundheitszentren und Kinderheime geben.
Darüber hinaus sieht das Gesetz die Schaffung von spezialisierten Gerichten vor sowie die Einführung eines zentralen Registers, damit sichergestellt wird, dass die Fälle von Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche nicht auf dem Weg von der einen zur nächsten Behörde verloren gehen können. Außerdem werden die Bedingungen für den Erhalt des dritten Strafgrades und somit der Möglichkeit auf eine bedingte Freilassung oder den Zugang zu Hafterleichterungen für Häftlinge, die wegen sexueller Gewalt gegen Minderjähre unter 16 Jahren einsitzen, deutlich verschärft.

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