Erfundene Manöver


Die Legionäre dürfen ihre Hemden offen tragen. Foto: Davric

Eine Elitesoldatin der Spanischen Legion zeigt ihre Kompanie wegen Betrug an

Madrid – Auf die Anzeige einer Soldatin hin untersucht ein Militärgericht in Almería einen mutmaßlichen groß angelegten Betrug innerhalb der Spanischen Legion in Viator. Es geht um den Bezug von Tagegeldern für Manöver, die nie stattgefunden haben. Ein Armeesprecher bestätigte die Anzeige, machte jedoch unter Verweis auf das laufende Verfahren keine Angaben zu den Einzelheiten des Falles. Der Tatbestand wurde dem Militärstaatsanwalt im Oktober durch eine Legionärin mitgeteilt. Dieser nahm ihre Aussage auf, stufte die Angaben als glaubwürdig ein und erhob Anklage. Den schriftlichen Angaben der Soldatin zufolge werden seit Jahren in der 5. „Bandera“ (Fahne/Kompanie) der Spanischen Legion am Standort Viator militärische Übungen fingiert, zu denen die Einheit in Wirklichkeit nicht ausrückt, für die aber dennoch Tagegeld kassiert wird.

Die Legionäre, so heißt es in der Anzeige, würden die Tagegelder erhalten, müssten sie dann jedoch wieder abgeben, unter der Androhung des Entzugs der Urlaubsgenehmigungen. Wenn sich jemand beschwere, werde er als schlechter Kamerad und schlechter Soldat stigmatisiert und manchmal sogar in eine andere Kompanie versetzt.

Inoffiziellen Quellen zufolge soll die Betrugsmasche schon seit mindestens sechs Jahren laufen. Anfangs sollen nur jene kassiert haben, die aus irgendeinem Grund nicht mit zu einem Manöver ausgerückt waren. Später habe sich die Sache ausgeweitet, bis schließlich ganze Manöver vorgetäuscht wurden. Bei normalen Übungen kann das Tagegeld zwischen 60 und 90 Euro pro Soldat betragen, und jede Kompanie (Bandera) der Legion besteht aus rund 500 Soldaten.

Für einige der betroffenen Legionäre soll das mutmaßliche Betrugssystem ihrer Vorgesetzten Probleme verursacht haben, weil sie Tagegelder versteuern mussten, welche sie nicht erhalten hatten, da diese, der Anzeige zufolge, stattdessen in eine schwarze Kasse unter der Kontrolle ihrer vorgesetzten Offiziere geflossen sein sollen.

Sollten sich die Beschuldigungen bewahrheiten, drohen den Verantwortlichen Haftstrafen von drei Monaten bis zwei Jahren wegen einer „Straftat gegen das Militärvermögen“ oder gar zehn Jahre, wenn persönliche Bereicherung im Spiel war.

Doch auch die Zeugin, eine Elitesoldatin, die als Mitglied der Spanischen Legion mit der Ehrenbezeugung „Dama Legionaria“ anzureden ist, riskiert einiges. Sollten sich die Anschuldigungen vor Gericht nicht beweisen lassen, drohen ihr nach dem Militärstrafgesetz vier Jahre Gefängnis und die Entlassung aus dem Heer wegen Untreue.

Die Spanische Legion (Legión Española) ist die ehemalige Fremdenlegion, das spanische Pendant zur französischen Légion étrangère. Sie hat aus früheren Zeiten noch einige Besonderheiten bewahrt. Beispielsweise dürfen die Legionäre Bärte, Tätowierungen und ihre Hemden offen tragen. Der Marschschritt ist schneller als bei den regulären Soldaten, und der Corpsgeist ist stark ausgeprägt: Niemand, auch kein Gefallener, darf zurückgelassen werden.

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