Fakten widerlegen die Thesen von Vox


Juanma Moreno, Präsident der PP Andalusien (l.), und Vox-Präsident Francisco Serrano, vereinbarten im Januar die Amtseinsetzung Morenos als Regionalpräsident. Foto: EFE

Rechtspopulisten halten die Männer bei der geschlechtsspezifischen Gewalt für diskriminiert

Madrid – Seit den Regionalwahlen in Andalusien, bei denen Vox 11% der Stimmen und somit 12 Sitze im Regionalparlament erreichte (das Wochenblatt berichtete), stehen die rechtspopulistische Partei und ihr Parteivorsitzender Santiago Abascal im Rampenlicht.

In ihrem Gründungsmanifest steht geschrieben, Vox werde sich für die Einheit der spanischen Nation, die Wiedererlangung einer international bedeutenden Rolle, die Rundumerneuerung der Politik, die Abschaffung der Autonomien, die Schaffung einer unabhängigen richterlichen Gewalt und die Förderung einer „Kultur des Lebens und der Familie“ einsetzen. Die Partei gilt als islam- bzw. migrationskritisch, lehnt die legale Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen ab und verfolgt die Schaffung eines Zentral- bzw. Einheitsstaates. Darüber hinaus vertritt Vox auch, dass das Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt Männer diskriminiere, dass die Gewalt von Frauen gegen Männer weitaus verbreiteter sei als angenommen, und dass die Regierung entsprechende Daten vertuschen würde. Doch die Fakten widerlegen diese Behauptungen.

Eine Datenbank bezüglich Gewalt in einer Partnerschaft, die von einer Frau an einem Mann ausgeübt wird, existiert allerdings nicht. Die Statistiken über geschlechtsspezifische Gewalt gehen in Spanien, und größtenteils in allen anderen Staaten, davon aus, dass es sich bei den Opfern um Frauen handelt.

Nach den offiziellen Daten des Nationalen Statistikinstituts (INE) und der Regierungsdelegation für geschlechtsspezifische Gewalt wurden im vergangenen Jahr 47 Frauen und drei Minderjährige von den Partnern oder ehemaligen Partnern ermordet. Um festzustellen, wie viele Männer von einer (ehemaligen) Lebensgefährtin ums Leben gebracht wurden, muss man andere Statistiken bemühen. Beispielsweise die Analyse der Urteilssprüche von Geschworenen- und Provinzgerichten. Die neuesten Daten stammen aus 2016. In diesem Jahr wurden 48 Fälle der Tötung durch geschlechtsspezifische Gewalt abgeurteilt. Dabei handelte es sich um 38 weibliche Opfer – 79% – und um zehn männliche – 21%.

Die ähnlich klingenden Bezeichnungen „violencia de género“ (Gewalt gegen einen Menschen aufgrund seines Geschlechts, meistens Frauen und Mädchen) und „violencia doméstica“ (Gewalt gegen einen Menschen, mit dem im selben Haushalt zusammengelebt wird) sorgen für Verwirrung. Vox plädiert dafür, die geschlechtsspezifische Gewalt in die häusliche Gewalt einzugliedern, um die Fakten zu verwischen. Allerdings würde Vox das anvisierte Ziel so nicht erreichen. Nach Angaben des INE wurden im Jahr 2017 insgesamt 4.908 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt erstattet, davon 3.590 gegen Männer und 1.318 gegen Frauen. Die Anzeigen richten sich also ebenfalls größtenteils gegen Männer. Die häusliche Gewalt erfasst zudem nicht alle Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt. Wie im Fall von Laura Luelmo. Ihr brutaler Mord füllte Ende des Jahres die Schlagzeilen. Die 26-jährige Lehrerin war von einem Nachbarn ermordet worden – weil sie eine junge Frau war. Dabei handelte es sich nicht um häusliche, sehr wohl aber um geschlechtsspezifische Gewalt.

Von den Rechtspopulisten wird zudem angeführt, es gäbe viel mehr Falschanzeigen von Frauen gegen Männer als angenommen werde. Von den 1.055.912 zwischen 2009 und 2016 erstatteten Anzeigen wegen häuslicher Gewalt handelte es sich laut der Staatsanwaltschaft jedoch nur bei 79, also 0,0075%, um eine Falschanzeige.

Bei Untersuchung der Zahlen über Sexualdelikte wird das Missverhältnis zwischen den Geschlechtern noch deutlicher. Der Bericht über Delikte gegen die sexuelle Freiheit und Unversehrtheit von 2017 bestätigt eine große Differenz zwischen weiblichen (3.469) und männlichen (584) Opfern von sexuellem Missbrauch. In 98% der Fälle handelte es sich beim Täter um einen Mann. Bei den sexuellen Übergriffen stimmen die Zahlen mit denen des Missbrauches fast überein.

Weltweit sorgen sich die Regierungen seit Jahrzehnten  um die mit konkreten Zahlen und Daten bestehende Ungleichheit und Gewalt gegen Frauen. Vox scheint jedoch eher die Männer benachteiligt zu sehen.

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