Frauenmangel in der Führung der Judikative


Carlos Lesmes, Präsident des Generalrates der Rechtsprechenden Gewalt (CGPJ) und des Obersten Gerichtshofes, kurz vor Betreten des Abgeordnetenhaues Anfang Dezember. Er steht dem Organ vor, das über die Besetzung der höheren Posten in der Judikative entscheidet. Foto: efe

Im Generalrat der Rechtsprechenden Gewalt sind alle Posten von Männern besetzt

Madrid – Der Generalrat der Rechtsprechenden Gewalt (Consejo General del Poder Judicial, CGPJ), Kontrollorgan der spanischen Judikative und auch zuständig für die Besetzung der höheren richterlichen Posten, konnte aufgrund der politischen Instabilität nach Auslauf seines Mandats Anfang Dezember 2018 nicht erneuert werden. Trotzdem hat der Generalrat in den letzten zwölf Monaten 41 Ernennungen vorgenommen und dabei die hohen richterlichen Posten vornehmlich mit Männern besetzt: 31 Stellen gingen an Richter und nur 10 Stellen an Richterinnen. Der Generalrat selbst spiegelt dieses Ungleichgewicht wider, denn er setzt sich nur aus Richtern zusammen; seit acht Jahren gab es keine Frau mehr im höchsten richterlichen Organ.
Laut den Daten des CGPJ machen die Frauen mehr als die Hälfte der Richter aus (54%), doch besetzen sie vor allem „untere“ Richterposten. So liegt der Frauenanteil im Obersten Gerichtshof (Tribunal Supremo) mit 65 Männern und 14 Frauen bei unter 20%. Bei den regionalen Obersten Gerichten sieht die Lage nicht viel besser aus: nur zwei der 17 werden von Frauen geleitet.
Die neuesten Ernennungen seitens des rein maskulinen CGPJ haben die Situation nicht verbessert, denn drei von vier der höheren Posten gingen an Richter. Im Obersten Gerichtshof waren zehn Stellen frei geworden, doch keine wurde mit einer Richterin besetzt, obwohl sich Frauen für sechs der zehn Stellen beworben hatten. Auch die freien Stellen im Nationalen Strafgericht (Audiencia Nacional) wurden nicht von Frauen ausgefüllt, allerdings hatte sich auch keine Richterin beworben. Von den sechs freien Posten für die Präsidentschaft eines regionalen Obersten Gerichtes wurde nur einer an eine Richterin vergeben.
Ana Ferrer, Richterin am Obersten Gerichtshof, begründet diese Schieflage mit einer Reihe von Faktoren, darunter die Bewertungskriterien bei der Kandidatenauswahl. Laut Ferrer würden heutzutage mehr die Veröffentlichungen und Kurse bewertet, was den Männern grundsätzlich einen Vorteil verschaffen würde, denn Frauen hätten wegen der familiären Belastungen weniger Möglichkeiten zu solchen Qualifikationen. Ferrer plädiert dafür, die „richterlichen Leistungen“ bei der Auswahl an erste Stelle zu setzen.
Die Frauen im Obersten Gerichtshof setzen sich für eine Anhebung des Frauenanteils ein. Das Gesetz zur Gleichheit sieht keinen Mindestanteil vor, drängt jedoch die öffentlichen Gewalten, bei der Besetzung hoher Posten dem Prinzip der ausgeglichenen Präsenz von Frauen und Männern zu folgen.
Concepción Sáez, Beisitzerin des Generalrates, erklärte, viele Frauen würden auch aufgrund von Lücken in ihrem Lebenslauf, die sie der Familie gewidmet hätten, vor einer Kandidatur zurückschrecken. Wünschenswert sei ein Frauenanteil von 40%, ab da sollte das Geschlecht keine Rolle mehr spielen.

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