Gastfamilien retten das Projekt „Ferien in Frieden“


© Acaps

Diese völkerverbindende, solidarische Aktion ermöglicht mehreren Hundert saharauischen Kindern eine Sommerpause fern der Flüchtlingslager der Sahara

Das Projekt „Vacaciones en Paz“ – Ferien in Frieden – gibt jeden Sommer Kindern zwischen sieben und zwölf Jahren aus den saharauischen Flüchtlingslagern in Algerien die Möglichkeit, während des Sommers zwei Monate in Spanien zu verbringen.

Auch zu Gastfamilien auf den Kanaren kommen seit 1990 jeden Juli mehrere Hundert Kinder, die so für kurze Zeit der Armut und der irrsinnigen Sommerhitze in den Wüstengebieten entfliehen können. Viele Canarios fühlen sich durch die geographische Nähe des Archipels zur Westsahara besonders mit dem saharauischen Volk verbunden.

Seit 35 Jahren gilt die Westsahara als integraler Bestandteil des Königreichs Marokko. Nach der Beendigung der spanischen Kolonialzeit 1975 annektierten Marokko und Mauretanien das Gebiet. Die bereits zu spanischen Kolonialzeiten entstandene Befreiungsfront der Saharauis, „Frente Polisario“, kämpft für einen unabhängigen Staat. Der bewaffnete Konflikt zwischen der „Frente Polisario“ und Marokko, der Tausende Saharauis zur Flucht nach Algerien zwang, wurde erst 1991 mit einem Waffenstillstandsabkommen beendet. Die von den Vereinten Nationen geforderte Durchführung eines Referendums über den endgültigen völkerrechtlichen Status des Gebietes Westsahara kam nie zustande, und der Konflikt ist weiter ungelöst.

Heute leben immer noch über 180.000 Saharauis in den Flüchtlingslagern nahe der Stadt Tindouf in der algerischen Sahara. Sie sind beinahe vollständig von Hilfslieferungen abhängig. Die Kinder, die in diesen Flüchtlingslagern aufwachsen, haben keine guten Zukunftsperspektiven. Ihnen mangelt es an gesunder Ernährung, medizinischer Versorgung, Bildungsmöglichkeiten und vielem mehr. Während ihrer zweimonatigen Sommerferien bei kanarischen Gastfamilien lernen diese Kinder ein „normales“ Leben kennen, werden ärztlichen Untersuchungen unterzogen und gegebenenfalls behandelt. Vielen kanarischen Familien sind ihre kleinen Feriengäste längst ans Herz gewachsen und diese dürfen jedes Jahr wiederkommen. Doch die Krise erschwert ihren solidarischen Einsatz zusehends.

Horrender Flugpreis von 950 Euro pro Kind

Dieses Jahr stand es auf Spitz und Knopf für das solidarische Werk des kanarischen Verbands der Freunde des saharauischen Volkes ( „Asociación Canaria de Amistad con el Pueblo Saharaui“, kurz Acaps). Auch die finanzielle Unterstützung des Ferienprogramms für die Wüstenkinder durch die kanarische Regierung fiel nämlich dem Sparzwang zum Opfer.

Die Acaps-Vorsitzende Conchi Reyes bedauerte Anfang Mai, dass die schlechte finanzielle Lage des Verbands das Ferienprojekt gefährde. Die Preise für die Flugreise der Kinder von Algerien bis auf die Kanaren seien in den letzten Jahren erhöht worden, und trotz intensiver Verhandlungen mit den algerischen Fluggesellschaften beläuft sich der Ticketpreis pro Kind mittlerweile auf 950 Euro. 2009 kostete der Flug noch 600 Euro, berichtet Conchi Reyes. Allein der finanzielle Aufwand für die Reise hat ein großes Loch in die Verbandskasse gerissen, die mit 45.000 Euro im Minus ist.

Conchi Reyes erklärte dem Wochenblatt, wie der horrende Ticketpreis zustande kommt. Die Kinder müssen auf Anordnung der algerischen Behörden mit der Airline Air Algérie reisen. Der Flug auf die Kanaren, der auf der direkten Route über marokkanisches Staatsgebiet sehr kurz wäre, führt jedoch von Tindouf über Algier (Zwischenlandung) und die Meerenge von Gibraltar. Marokko untersagt die Nutzung seines Flugraumes. Bei der Betrachtung der Strecke Tindouf-Algier-Gibraltar-Kanarische Inseln auf der Karte wird der große Umweg deutlich, der dadurch gemacht werden muss.

Nachdem die Unterstützung von öffentlicher Seite für das Jahr 2012 ausfällt, kommen auf die Gastfamilien noch höhere Kosten zu. Doch die Streichung des Programms „Ferien in Frieden“ kommt für sie nicht infrage. Aufgeben steht nicht zur Debatte, und so haben die Vertreter des Verbands und die Gastfamilien bei einem Treffen auf Teneriffa beschlossen, dass sie den Kindern „Ferien in Frieden“ trotz Krise und entfallener öffentlicher Zuwendungen ermöglichen werden.

SOS-Ruf an die kanarische Gesellschaft

Die Gasteltern werden persönlich für einen Großteil der anfallenden Kosten aufkommen. „Die kanarischen Familien werden das Unmögliche möglich machen und das Programm retten“, erklärte Conchi Reyes, „zumal die Nachrichten, die uns aus den Flüchtlingscamps erreichen, niederschmetternd sind“. Informationen verschiedener Hilfsorganisationen zufolge habe der Rückgang an humanitärer Hilfe für einen Anstieg der Unterernährung bei den Kindern gesorgt, die schlimme Ausmaße erreicht habe. Deshalb richtet der Verband einen SOS-Ruf an die kanarische Gesellschaft zur Unterstützung und Rettung des Projektes.

Am 19. Mai fand auf der Plaza von Candelaria eine erste Benefizveranstaltung zugunsten der Aktion statt, und es wurde ein Spendenkonto bei CajaCanarias eingerichtet. Die Kontonummer lautet: 2065 0021 19 1400246222.

Außerdem richtet Conchi Reyes als Verbandsvorsitzende den dringenden Aufruf an die Bevölkerung, dass noch immer 20 Gastfamilien benötigt werden, um alle Kinder dieses Programms unterzubringen. Man möchte unbedingt vermeiden, dass Kinder, die in vergangenen Jahren dabei waren, dieses Jahr zurückbleiben. Wer sich für die Aufnahme eines Kindes interessiert, kann Kontakt zu Loly Padrón über Tel. 662 664 829 aufnehmen (spanisch).

Weitere Infos zum Verband „Asociación Canaria de Amigos del Pueblo Saharaui“ gibt es im Internet unter:

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