Geschäfte mit dem Leid der Kinder


Mit dem Verkauf von Taschen und anderen„solidarischen Produkten“ halfen zahlreiche Freiwillige unwissentlich, Spenden für die Betrugsorganisation zu sammeln.

Statt krebskranke Kinder zu unterstützen, gab Roberto Pérez von Linceci Millionen an Spendengeldern für Villen und Luxusautos aus

Madrid – Anfang Juni flog ein groß angelegter Betrug um eine angeblich gemeinnützige Organisation namens Linceci auf, die im großen Stil Spendengelder – vorgeblich für krebskranke Kinder in Peru – gesammelt hat. Nach und nach kommen immer mehr Einzelheiten über die Vorgehensweise der Spendenbetrüger ans Licht, die unter dem wohlklingenden Namen „Liga Nacional Contra el Cáncer Infantil“, Nationale Liga gegen Krebs bei Kindern, auftraten. Sechs Monate lang hatte die Policía Nacional den Anführer der Organisation abgehört, bis genügend Beweise vorhanden waren, um Roberto Pérez Rodríguez und einige seiner Komplizen festzunehmen und die Räume von Linceci in Saragossa zu durchsuchen.

Im Geschäftsmodell von Roberto Pérez, der sich als erfolgreicher Geschäftsmann darstellte, sind kranke Kinder oder auch die Opfer von Naturkatastrophen nichts weiter als Produkte, die es zu verkaufen gilt. Durch seine überzeugende und forsche Art schaffte es Pérez, zahlreiche Menschen und Vereine, die sich tatsächlich aus ehrlichem Herzen um das Wohlergehen von Kindern bemühen, wie beispielsweise die Vertreter der Elternbeiräte verschiedener Schulen, zu gewinnen. Er brachte sie dazu, durch den Verkauf „solidarischer Produkte“ wie Taschen und Trinkflaschen mit dem Aufdruck von Linceci Spenden für ihn zu sammeln, indem sie die Aufrufe in den sozialen Netzwerken ihrer Gruppen verbreiteten und sich positiv darüber aussprachen. Spanienweit sind auf diese Weise rund 20.000 Personen, Gemeindeverwaltungen, lokale Gruppen und Vereine getäuscht und betrogen worden. In allen Fällen handelt es sich um geringe Beträge, meist zwischen 50 und 200 Euro, welche Linceci im Tausch gegen kleine Geschenkartikel, Spielzeuge und Schulsachen erhielt. Kontaktiert wurden die freiwilligen Unterstützer durch Telefonanrufe und Vertreter, welche die Vereine und Verwaltungen besuchten und um deren Unterstützung warben.

Durch dieses Vorgehen floss der vermeintlich gemeinnützigen Organisation eine Summe von mindestens zwei Millionen Euro zu. Drei weitere Millionen brachte die Organisation an sich, indem sie den Verein „Feuerwehr ohne Grenzen“ durch eine Firma ähnlichen Namens imitierte, und scheinbar in deren Namen Spenden sammelte.

Doch von den gespendeten Geldern gingen nur 300.000 Euro für den Kampf gegen den Krebs nach Peru. Mit dem Rest finanzierte sich der 58-jährige Roberto Pérez  Luxus-Immobilien am Strand, in den Bergen und in Saragossa, ein halbes Dutzend  schicker Autos für sich und seine Familie sowie zwei BMW-Motorräder. Seiner Mutter ließ er aus den eingehenden Geldern 1.700 Euro monatlich in bar zukommen, und seinen 40 Mitarbeitern spendierte er Betriebsessen in guten Restaurants. Kurz, Roberto lebte auf großem Fuß von den zahllosen kleinen solidarischen Gesten, die Tausende Spanier im guten Glauben getätigt hatten, um kranken Kindern in Peru und Katastrophenopfern weltweit zu helfen.

Das Nachsehen haben gemeinnützige Organisationen, wie der Spanische Verein gegen Krebs AECC oder Aspanoa, ein Elternverein aus Aragón, der als Erster wegen der zweifelhaften Praktiken von Linceci Alarm geschlagen hat. Die Sorge, Betrügern aufzusitzen, wird auch die Spendenbereitschaft gegenüber seriösen Vereinen verringern.

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