Im Alarmzustand verhängte Bußgelder drohen die Gerichte zu blockieren

Ein Polizist kontrolliert einen Verkehrsteilnehmer während der Ausgangssperre. Foto: EFE

Ein Polizist kontrolliert einen Verkehrsteilnehmer während der Ausgangssperre. Foto: EFE

Allein auf den Kanaren gab es 578 Festnahmen, und es ergingen 62.812 Sanktionsbescheide

Kanarische Inseln/Madrid – Mit dem Ende des Alarmzustandes zeichnet sich eine Flut von Widerspruchsklagen bei den Verwaltungsgerichten ab. Während des Alarmzustandes und der Ausgangssperre kam es, nach Angaben der Regierungsdelegation auf den Kanaren, im Archipel zu 578 Festnahmen von Bürgern, die sich nicht an die Vorschriften der Ausgangssperre gehalten hatten, und die Sicherheitskräfte leiteten 62.812 Bußgeldverfahren ein.
Obwohl die Verwaltungen und die Polizeikräfte das vorbildliche Verhalten der Bevölkerung immer wieder betont hatten, kam es doch im Verlauf der Ausgangssperre und deren stufenweiser Lockerung zu etlichen Ausnahmen, die mit Sanktionen belegt wurden.
Darüber, ob sich die­se Bußgeldverfahren auch nach der Beendigung des Alarmzustandes fortsetzen können, herrscht Uneinigkeit. Es gibt Expertenstimmen, die behaupten, dass Sanktionen, die nicht vor der Beendigung des Alarmzustandes Rechtsgültigkeit erlangt haben, hinfällig sind. Andere gehen davon aus, dass die Buß- geldverfahren auch danach weitergeführt werden können.
In jedem Fall bleibt das Recht der Betroffenen bestehen, Beschwerde einzulegen. Und dazu könnte es im großen Stil kommen, denn die meisten dieser Ordnungsstrafen wurden ausgesprochen, weil sich der Betroffene auf der Straße befand oder die Gemeinschaftsbereiche seiner privaten Wohnanlage nutzte.
Dabei bleibt unklar, ob diese Handlungsweisen tatsächlich einen „Ungehorsam gegen die Staatsgewalt“ darstellen können, da im ersten Fall für diesen Tatbestand zunächst eine direkte Anweisung der Polizei missachtet werden müsste. Der zweite Fall – die Nutzung privater Gemeinschaftsbereiche – wurde in dem Dekret, das den Alarmzustand erklärte, nicht einmal aufgeführt, auch wenn viele Eigentümergemeinschaften dies in ihren Rundschreiben so darstellten. Sofern die Verwaltungen nicht einen dieser Lage angemessenen Umgang mit den ausstehenden Bußgeldverfahren finden, könnten bald massenhaft Beschwerden bei den Verwaltungsgerichten eingehen und die ohnehin schon überlasteten Justizorgane zusätzlich blockieren.
Der Alarmzustand war ohne eine darauf zugeschnittene Sanktionsregelung verabschiedet worden. Deshalb griffen die Sicherheitskräfte auf schon bestehende Richtlinien zurück, um die Höhe der Bußgelder, die zwischen 600 und rund 10.000 Euro lagen, zu bestimmen. Ein Passus im Gesetz 4/1981 vom 1. Juni könnte viele dieser „Multas“ kippen. Es besagt im 1. Kapitel in Artikel 1.3, dass, wenn die Gültigkeit eines Alarmzustandes beendet ist, auch seine Wirksamkeit bezüglich der zugehörigen Sanktionen und Präventivmaßnahmen verfällt. Ausgenommen sind nur diejenigen Bußgelder, die zum Ende des Alarmzustandes schon rechtskräftig sind.

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