Katholische Kolonialisierung der Mezquita von Córdoba


© Jim Gordon

Eine Bürgerinitiative und die andalusische Regierung wehren sich gegen die Vereinnahmung des Kulturdenkmals

Die Moschee, die heute als „Mezquita von Córdoba“ bekannt und die wichtigste Sehenswürdigkeit der Stadt ist, wurde im Jahr 785 über der Basilika San Vicente errichtet. Nach der Rückeroberung der Stadt wurde innerhalb des riesenhaften, 20.400 Quadratmeter großen Bauwerks eine Kathedrale gebaut.

Córdoba – Als die UNESCO 1994 die historische Altstadt von Córdoba zum Weltkulturerbe erklärte, würdigte sie insbesondere die Koexistenz der Moschee und der katholischen Kathedrale als großartiges Beispiel religiöser Toleranz.

Mit dieser Toleranz scheint es nun vorbei zu sein. Die Katholische Kirche hat sich die Mezquita 2006 angeeignet, indem sie diese selbst für sich im Grundbuch eingetragen hat – für 30 Euro Gebühr, ohne Grunderwerbssteuer zu bezahlen und ohne dies öffentlich zu machen – weil sie es aufgrund eines aus der Francozeit stammenden Gesetzes tun kann. In derselben Art und Weise hat sie in den letzten Jahren Tausende Grundstücke und Gebäude an sich gebracht, ohne einen Nachweis zu erbringen, dass ihr diese Immobilien zustehen.

Seit die Eintragung der Mezquita vollzogen war, begann eine Vereinnahmung des muslimischen Teils des historischen Bauwerks durch katholische Symbole, den Verkauf von Eintrittskarten, die Vermeidung des Namens Mezquita-Catedral zugunsten der Bezeichnung „Kathedrale“ und vor der Mihrab-Mauer, dem wichtigsten Ort, an den sich die Gebete richten, wurde eine große Statue des Heiligen Johannes von Ávila und mehrere Krippen aufgestellt. Außerdem wurde in diesem Teil der Mezquita in den vergangenen vier Monaten eine Ausstellung religiöser Bildnisse aus 44 katholischen Klöstern gezeigt, die an dieser Stelle einen argen Stilbruch bedeuten und die Besucher mehr verwirren als erbauen. Zuletzt war der Name Mezquita sogar vier Tage lang aus der Internetsuchmaschine Google verschwunden. Dieser Umstand rief die andalusische Regierung auf den Plan, welche Google aufforderte, das Monument wieder als „Mezquita-Catedral“ zu führen und anzugeben, wer diese Änderung veranlasst habe. Doch Google gibt diese Information nicht preis.

Gegen die Vereinnahmung des kulturhistorischen Baudenkmals wehrt sich eine Bürgerinitiative, die erreichen will, dass die Mezquita wieder ein öffentliches Gebäude wird. 386.254 Unterschriften wurden hierfür auf der Internetplattform change.org gesammelt. Außerdem fordert sie Transparenz bei der Verwendung der Eintrittsgelder von acht Euro pro Person – von Januar bis November 2014 besuchten 1,4 Millionen Touristen die Mezquita -, doch die Kirche äußert sich hierzu nur vage. 30% der Eintrittsgelder würden für karitative Zwecke verwendet, 25% für die Instandhaltung und der Rest für kulturelle Aktivitäten, Seelsorge und Sonstiges.

Die Regionalregierung, die selbst schon erhebliche Gelder in die Erhaltung der Mezquita investiert hat, will der Kirche die Verwaltung des zweitwichtigsten Monuments Andalusiens nach der Alhambra nun nicht mehr länger allein überlassen. Nur 10% des Gebäudes sei eine katholische Kathedrale, 90% sei touristische Sehenswürdigkeit, an deren Gestaltung man Anteil haben will. Die Kirchenverwaltung mauert und fühlt sich gedrängt, weil man innerhalb von drei Monaten zu einer Einigung kommen will.

Eine Einigung, an der man vonseiten der Kirche kein Interesse zu haben scheint. Touristenführer, die seit Jahrzehnten in Córdoba tätig sind, sollen bei der Kirche eine Prüfung ablegen, um wieder Führungen in der Mezquita machen zu können. Manche, wie die Trägerin des andalusischen Tourismus-Preises 2013, Rita Schiltz, werden gar nicht zu dieser Prüfung zugelassen.

Ein Vorschlag des früheren Volksanwaltes und Priesters José Chamizo, den Muslimen zu ermöglichen, an ihren hohen Feiertagen in der Mezquita zu beten, wurde mit der kaltschnäuzigen Antwort, in Córdoba gebe es ja glücklicherweise drei andere Moscheen, abgewiesen.

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