Palacio de Carta: Eventzentrum, Touristeninfo und Stadtmuseum


Der Palacio de Carta befindet sich an der Plaza de la Candelaria in Santa Cruz und hebt sich durch die einzige erhaltene Steinfassade der Stadt hervor. Foto: Moisés Pérez

In dem zum Kulturgut deklarierten Gebäude findet derzeit „The House by Heineken“ statt. Im Rahmen einer ersten Renovierungsphase soll vor Jahresende das neue Touristeninformationsbüro eingerichtet werden.

Teneriffa – Der an der Plaza de la Candelaria gelegene, 296 Jahre alte und als historisches Kulturgut deklarierte „Palacio de Carta“ erlebt spannende Zeiten. Anfang Juni trat die Regionalregierung das Gebäude an die Gemeinde Santa Cruz ab. Nur einen Tag später gab Bürgermeister José Manuel Bermúdez ein vielseitiges Veranstaltungsprogramm im Carta-Palast für Juni und Juli bekannt, während Monate zuvor eine umfassende Renovierung des Gebäudes angekündigt worden war, um ein neues Touristeninformationsbüro und das Stadtmuseum aufzunehmen.

Die Geschichte

Der „Palacio de Carta“ wurde vom Franzosen François de la Pierre auf Anordnung des ersten gewählten Bürgermeisters von Santa Cruz, Unternehmers und Mäzens Matías Bernardo Rodríguez Carta erbaut. Die Bauarbeiten wurden 1721 aufgenommen und 1752, also nach einer Bauzeit von 31 Jahren, abgeschlossen. Das Gebäude erstreckt sich um zwei zentrale Patios im typischen kanarischen Stil und umfasst drei Etagen und ein Kellergeschoss. Das architektonisch herausragende Gebäude, welches Elemente des Barock und des Neoklassizismus miteinander vereint, verfügt über die einzige erhaltene Steinfassade der Stadt.

Der Carta-Palast diente bis 1853 als Wohnsitz der Familie Rodríguez Carta, dann als Sitz der kanarischen Militärbehörde und später der Zivilregierung. Im Jahr 1945 wurde der Palast von der Banco Español de Crédito (Spanische Kreditbank) erworben und einer Komplettsanierung unterzogen, um eine Bankfiliale aufzunehmen. 2007 ging das historische Gebäude für 5,8 Millionen Euro an die Kanarenregierung über.

Die Renovierung

Mitte April präsentierte die Stadt einen Plan zur Restaurierung des Gebäudes. Das vom Architekten Carlos Pallés entworfene Projekt gliedert die über zwei Millionen Euro teure Renovierung in zwei Phasen auf.

Die erste Phase, die noch vor Jahresende abgeschlossen sein soll, konzentriert sich auf das Erdgeschoss, insbesondere auf den zentralen Patio. Dieser soll durch ein neues Dachfenster abgedeckt sowie mit neuem Boden und einer Rampe versehen werden, um das Touristeninformationsbüro aufzunehmen.

Im Rahmen der zweiten Phase sind eine Komplettrenovierung des restlichen Gebäudes sowie die Einrichtung von Fahrstühlen, einer Cafetería und eines Souvenirshops vorgesehen, um spätestens im Jahr 2020 ein modernes Stadtmuseum aufnehmen zu können.

Architekt Carlos Pallés gab bekannt, bei Untersuchung des Gebäudes seien keine schweren Schäden, nur ein paar durch Insekten bzw. Feuchtigkeit entstandenen, schnell und einfach zu behebenden Problemstellen entdeckt worden.

In dem 800 Seiten umfassenden Restaurierungsplan wurde genau festgehalten, welche Veränderungen in Zukunft an dem historischen Gebäude durchgeführt werden dürfen und welche ausgeschlossen sind. Aufgrund des „hohen Wertes und der Schönheit der Stein- und der Holzarbeiten“ wurden die Eingriffe eingeschränkt. Möglich ist jedoch die Installation moderner Dachfenster oder von begehbaren Bodenfenstern im Erdgeschoss, damit Besucher die im Keller gelegenen Stallungen und den Tresorraum sehen können.

Bürgermeister Bermúdez erklärte, bei dem „Palacio de Carta“ handele es sich um ein Symbol der Stadt, „eine Zusammenfassung der Geschichte von Santa Cruz“. Ein besserer Sitz für das Museum der Stadt Santa Cruz sei kaum vorstellbar.

Ungeahnte Wendung?

Vor Aufnahme der Renovierungsarbeiten musste die Regionalregierung den Carta-Palast an die Stadt abtreten, was am 31. Mai geschah.

Am 1. Juni sorgte eine Mitteilung der Gemeinde Santa Cruz für allgemeine Überraschung, denn die Stadtverwaltung kündigte plötzlich ein umfassendes Veranstal­tungs­programm für Juni und Juli im Carta-Palast an. Wie jedes Jahr führt das Unternehmen Insular Canarias de Bebidas (Incabe) mit der Prestigemarke Heineken das Kultur- und Freizeitprojekt „The House by Heineken“ durch, mit Film­vor­führungen, Vorträgen, Debatten oder gastronomischen Verkostungen. Im vergangenen Jahr wurde „The House“ vor allem im Palais Rodríguez Quebles in Las Palmas veranstaltet, in diesem Jahr wurde das Programm auf beide Provinzhauptstädte verteilt, wofür die Gemeinde den Carta-Palast zur Verfügung stellte. Es heißt, Incabe bezahle der Stadt für die Nutzung des Gebäudes insgesamt rund 80.000 Euro. Schon am 3. Juni fand die erste Veranstaltung statt: die Übertragung des Champions League-Endspiels zwischen Real Madrid und Juventus Turin.

Die Art dieser ersten Veranstaltung missfiel unter anderem der im Stadtrat vertretenen Partei Sí se puede. Sprecher Pedro Fernández Arcila erklärte, das historische Gebäude sei nicht für die Nutzung durch ein biervertreibendes Unternehmen gedacht. Das sei kein würdiger Umgang mit einem historischen Kulturgut, warf er Bürgermeister Bermúdez vor.

Auch das Kulturerbe-Ressort des Cabildos schaltete sich ein und warf der Gemeinde vor, nicht die entsprechende Nutzungsgenehmigung eingeholt zu haben. Die Nutzung geschützter Gebäude müsse das Kulturerbe respektieren.

Zwar ließ die Gemeinde die an der Fassade angebrachten Werbeplakate für „The House by Heineken“ umgehend entfernen, sah sich jedoch zu einer Rechtfertigung veranlasst. Alfonso Cabello, Stadtrat für wirtschaftliche Entwicklung, erklärte, im Rahmen von „The House“ würden diverse Aktivitäten von wissenschaftlichem, innovativem oder gastronomischem Interesse angeboten. Nach der Mahnung des Cabildos habe man umgehend die Genehmigungsverfahren eingeleitet, wobei Cabello anführte, das Kulturerbe-Ressort habe solche noch nie zuvor von der Gemeinde eingefordert.

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