Panama verklagt Spanien in Medikamentenskandal


Katalanische Firma lieferte Glycerin für industrielle statt für pharmazeutische Zwecke

Weil eine katalanische Firma Rohglycerin statt Glycerin für pharmazeutische Zwecke lieferte, starben in Panama mindestens 170 Menschen. Die Betroffenen haben nun Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht und bezichtigen Spanien des mangelnden Rechtsschutzes.

Madrid – Der Medikamentenskandal geht auf das Jahr 2003 zurück. Damals suchte die panamesische Sozialversicherung im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung nach einem Lieferanten für 9.000 Kilogramm pharmazeutisches Glycerin zur Herstellung von Hustensaft. Den Zuschlag bekam das lokale Unternehmen Grupo Medicom, das wiederum die katalanische Firma Rasfer Internacional mit dem Kauf des Glycerins beauftragte. Rasfer erstand das Produkt bei dem chinesischen Lieferanten CNS Fortune Way, der das Glycerin vom chinesischen Hersteller Taixing Glycerine Factory bezogen hatte.

Tödlicher Hustensaft

Doch statt des Glycerins für pharmazeutische Zwecke wurde Rohglycerin nach Panama geschickt und 2006 im Auftrag der Sozialversicherung zu über 216.000 Fläschen Hustensaft verarbeitet. Kurz darauf erkrankten über tausend Patienten, denen das Medikament verabreicht worden war. Es kam zu Nierenversagen, schwerem Durchfall und Lähmungserscheinungen. An dem im Rohglycerin enthaltenen Diethylenglycol starben mindestens 170 Menschen.

Bei der Untersuchung des Hustensaftes deckten die panamesischen Behörden den Skandal auf. Spaniens Nationalgericht nahm sich des Falls an, legte diesen jedoch 2011 zu den Akten mit der Begründung, Medicom habe bei Rasfer Rohglycerin bestellt und Rasfer habe das Produkt auch als solches gekennzeichnet. Das panamesische Unternehmen habe das Etikett ausgetauscht und sei allein verantwortlich.

Tatsächlich wurden die Verantwortlichen von Medicom für diese Handlung in Panama verurteilt, doch die Anwälte der Betroffenen sehen Rasfer als Mitschuldigen und wollen das katalanische Unternehmen zur Verantwortung ziehen. Sie führen an, Rasfer habe im Vorfeld Medicom schriftlich darüber informiert, Glycerin für pharmazeutische Zwecke zu vertreiben. Außerdem hätte das katalanische Unternehmen bei dem Firmennamen Medicom selbst folgern müssen, dass gesundheitsverträgliches Glycerin geliefert werden müsse.

Insbesondere werfen die Betroffenen nun jedoch der spanischen Justiz vor, den Fall nicht hinreichend untersucht, Rasfer blind geglaubt und den Fall vorschnell zu den Akten gelegt zu haben. Nun haben sie beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen Spanien erhoben. Die Richter in Straßburg sollen prüfen, inwieweit eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention vorliegt, und die Kläger verweisen auf das Recht auf Leben und ein faires Verfahren.

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