Parlament greift das Thema Sterbehilfe auf


Sterbenskranke Menschen fordern Recht auf einen selbstbestimmten und würdigen Tod

Madrid – Das Abgeordnetenhaus hat die Debatte über eine Strafbefreiung der Sterbehilfe zugelassen. Das katalanische Regionalparlament hatte eine entsprechende Gesetzesvorlage zur Änderung des Strafgesetzes eingebracht, um sowohl die aktive Sterbehilfe als auch die Beihilfe zur Selbsttötung zu legalisieren. Damit wird sich das Abgeordnetenhaus bereits zum dritten Mal in drei Jahren mit diesem heiklen, aber sehr wichtigen Thema beschäftigen.

Das spanische Strafrecht unterscheidet zwischen zwei Tatbeständen, der Beihilfe zur Selbsttötung und der Sterbehilfe.

Im ersten Fall stellt ein Arzt einem totkranken Patienten ein lebensbeendendes Medikament zur Verfügung, welches sich dieser selbst verabreicht. Dafür sieht das Strafgesetzbuch bislang noch eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zwei Jahren vor.

Im zweiten Fall verabreicht der Arzt dem Patienten das lebensbeendende Medikament, ist also aktiv am Sterbeprozess beteiligt. was mit einer Haftstrafe von anderthalb bis sechs Jahren belegt wird.

In beiden Fällen handelt es sich bereits um eine Strafmilderung, die jedoch unbedingt voraussetzt, dass der Getötete unter einer schweren Krankheit litt und der Tod nicht mehr abwendbar war und die durch die Krankheit verursachten physischen und psychischen Qualen unerträglich waren.

Die politische Debatte um Sterbehilfe lebt immer dann wieder auf, wenn ein schwerkranker Mensch, der seinem Leiden ein Ende bereiten möchte, einen Ausweg findet. José Antonio Arrabal, der unter Amyotropher Lateralsklerose (ALS) litt, nahm im vergangenen Jahr seinen Selbstmord mit der Kamera auf, um öffentlich die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe und der Beihilfe zur Selbsttötung zu fordern. Der schwer kranke Mann hatte sich die entsprechenden Medikamente selbst über das Internet bestellt und im allerletzten Moment, in dem ihm dies mit eigener Kraft noch möglich war, zu sich genommen. Seine Familienangehörigen wollte er nicht in Schwierigkeiten bringen. Arrabal warf mit seinem Tod die Frage auf, warum wir unser Leben nicht in Würde beenden können, wenn es sich in eine Hölle verwandelt hat.

Die öffentliche Debatte wurde von dem querschnittsgelähmten Ramón Sampedro bereits in den 90er-Jahren angestoßen, dessen Schicksal später in dem preisgekrönten Film „Das Meer in mir“ beschrieben wurde. Er zog als erster Spanier vor Gericht, um sein Recht über sein Leben und für einen würdevollen Tod durchzusetzen. Im Januar 1998 war es schließlich eine „helfende Hand“, die ihm die Arzneimittel zur Verfügung stellte.

Seitdem haben viele todkranke Menschen, für die das Leben nicht mehr lebenswert, sondern nur noch eine ständige Tortur war, die Legalisierung der Sterbehilfe gefordert.  Selbstbestimmt und in Würde, unter ärztlicher Kontrolle, in Begleitung ihrer Familienangehörigen wollen sie ihrem Leid ein Ende setzen können. Beispielsweise Luis de Marcos, der schwer an multipler Sklerose erkrankt ist, der im Rahmen einer Kampagne um das Recht auf ein Sterben in Würde kämpfte.

Diverse Regionen haben das Recht auf ein Lebensende klar definiert, darunter die indirekte Sterbehilfe, die Verabreichung schmerzlindernder Medikamente in der Palliativmedizin unter Inkaufnahme eines vorzeitigen Todeseintritts. Doch nach den Angaben von Luis Montes, Arzt und Präsident der Vereinigung „Derecho a Morir Dignamente“ (Recht auf ein würdevolles Sterben, DMD), der im April verstarb, kann die Debatte um ein Sterben in Würde nicht ohne die Beihilfe zur Selbsttötung und die aktive Sterbehilfe geführt werden.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Metroscopia von Ende Februar 2018 unterstützen 84% der Spanier ein Gesetz, das einem unheilbar Kranken das Recht zugesteht, aktive Sterbehilfe zu erhalten.

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