Positive Folge der Pandemie

logo ARHOE

logo ARHOE

Arbeit und Abendessen zu „europäischen“ Zeiten

Madrid – Falls die Pandemie tatsächlich etwas Positives mit sich bringen würde, könnte es die Anpassung der spanischen Lebensweise an europäische Gepflogenheiten sein.
Die wenig produktiven Gewohnheiten wie Kaffee- und Zigarettenpausen im Arbeitsalltag, endlose Geschäftsessen oder der Brauch, einfach den Bürostuhl noch ein paar Stunden „zu wärmen“, könnten mit der Anpassung an europäisches Timing ein Ende gefunden haben.
Nicht nur Homeworking sondern auch die durch die Pandemie bedingten frühen Schließungszeiten der Restaurationsbetriebe, könnten einen Umschwung in den „spanischen Gewohnheiten“ bewirken.
Seit Jahren wird im Spanischen Parlament über die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie debattiert, ein Konsens wurde bis heute nicht erreicht.
30% der arbeitenden Bevölkerung befindet sich um 19 Uhr noch am Arbeitsplatz. Eine bessere Nutzung führt zu mehr Freizeit, ein früheres Abendessen bringt Mitverantwortlichkeit und mehr Familienleben mit sich.
Spanien ist die viertstärkste Wirtschaft der Eurozone. „Wir arbeiten die meisten Stunden, sind aber nicht die Produktivsten, unsere Zeitnutzung ist nicht effizient“, so José Díaz, Experte in Organisationskultur.
Vielleicht bringen die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen der Pandemie die Dinge nun auf einen Nenner. Vorwände wie das Klima und die sehr warmen Sommermonate, die ja ähnlich sind wie in anderen europäischen Ländern, können keine Ausrede mehr sein.
Eigentlich ist es eine Sache von tief verankerten gesellschaftlichen Gewohnheiten. Prime Time im spanischen Fernsehen beginnt nicht wie im restlichen Europa um 20 sondern um 22 Uhr. So sitzen in Spanien zwei Millionen Jugendliche unter 14 Jahren täglich am späten Abend noch vor dem Fernseher.
José Luis Casero ist Präsident der Nationalen Kommission für die Rationalisierung spanischer Arbeitszeiten (ARHOE), eine Organisation, die seit 2003 um die Verbesserung der Lebensqualität der spanischen Landsleute „kämpft.“ Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frau­en und Männern, oder eine Verbesserung der Produktivität und Leistungsfähigkeit sind seit Langem die Forderung der Organisation. Vielleicht führen die in fast ganz Spanien reduzierten Öffnungszeiten der Restaurationsbetriebe und die Ausgangssperren dazu, die spanische Gesellschaft an europäische Bräuche heranzuführen.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.