Putschisten-Paella in der Polizeikaserne


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Richteten Beamte der Guardia Civil eine Feier zur Verherrlichung des „23-F“ aus?

Am 23. Februar jährte sich zum 33. Mal der „23-F“, der Tag des gescheiterten Putschversuchs von Militär und Guardia Civil gegen die damals noch junge Demokratie in Spanien. Fast jeder hat die Bilder der Schüsse im Abgeordnetenhaus und der Fernsehansprache, in der König Juan Carlos das Militär zurück in die Kasernen beorderte, irgendwann schon einmal im Fernsehen gesehen.

Madrid – Sei es damals in den aktuellen Nachrichten oder später in einem Dokumentarfilm über Spanien oder das Königshaus, die Bilder sind unvergesslicher Bestandteil der Geschichte und stehen für den Triumph der demokratischen Entwicklung Europas über repressive Regierungssysteme.

Fünf Tage vor dem diesjährigen Jahrestag der dramatischen Ereignisse fand in der Madrider Valdemoro-Kaserne der Guardia Civil eine Paella-Feier statt, bei der ein Dutzend Personen, die seinerzeit im Zusammenhang mit dem Putschversuch verurteilt wurden, den misslungenen Staatsstreich gefeiert haben sollen.

Der Gastgeber der Veranstaltung, Antonio Tejero Díaz, ist Leiter der Reserve- und Sicherheitsgruppe No. 1 der Guardia Civil. Sein Vater Antonio Tejero Molina ist „das Gesicht“ des Putschversuches, denn er war der Anführer der Besetzung des Abgeordnetenhauses durch eine Einheit der Guardia Civil. In Filmaufnahmen ist überliefert, wie er damals seine Maschinenpistole auf den Präsidenten der Kammer richtete und Anweisungen gab, während die Schüsse fielen und die Abgeordneten hinter ihren Bänken in Deckung gingen. Später versicherte er den Regierungsmitgliedern, es werde ihnen nichts geschehen, und kündigte die Ankunft einer nicht näher bestimmten „zuständigen militärischen Autorität“ an, die niemals eintraf. Für seine Rolle in der Verschwörung wurde er zu dreißig Jahren Haftstrafe verurteilt und nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen.

Der heute 81-Jährige nahm an der umstrittenen Feier ebenso teil wie etliche seiner an dem Putschversuch beteiligten und verurteilten Weggefährten. Die Nachricht von der Feier der ehemaligen Putschisten in einer Kaserne der Guardia Civil löste Empörung aus und führte zur Absetzung des Oberstleutnants Antonio Tejero (Sohn) von seinem Posten. Doch dies ist den beiden großen Berufsverbänden der Guardia Civil-Angehörigen nicht genug. Sie verlangen eine umfassende Klärung der Hintergründe und Verantwortlichkeiten. Auch aus der Politik wurde der Ruf nach schärferen, auch strafrechtlichen Konsequenzen laut. Verschiedene Vertreter der kleineren Oppositionsparteien forderten, auch den Chef der Kaserne abzusetzen, weil er den Vorgang geduldet habe.

Innenminister Fernández dagegen erklärte, Tejero sei nicht abgesetzt worden, weil er den Putschversuch verherrlicht, sondern weil er unautorisiert eine Feier in der Kaserne abgehalten habe. In der Tat hat der Oberstleutnant nach den Disziplinarregeln seines Polizeikorps einen schweren Verstoß begangen, weil er seine Befehlsgewalt missbraucht hat, indem er Guardia Civil-Beamte, noch dazu während ihrer Dienstzeit, dazu abstellte, die Paella zuzubereiten, als Kellner zu fungieren und eine Präsentation von Fahrzeugen und Material der Kaserne abzuhalten. Innenminister Fernández vertritt die Ansicht, dass die zeitliche Nähe des Festes zum 23. Februar ein Zufall sei.

Auch ein Bruder des abgesetzten Antonio Tejero, Pfarrer in Málaga, meldete sich zu Wort und versicherte, es habe sich um eine Feier unter Freunden gehandelt. In seiner Familie sei der „23-F“ nie gefeiert worden. Alle Festteilnehmer seien Freunde der Familie, die er und seine Geschwister seit der Kindheit kennen würden. Sein Bruder wohne doch schließlich in der Kaserne und müsse demzufolge ein Abendessen mit seinem Vater und pensionierten Obersten der Guardia Civil, die immerhin – trotz Verurteilung – nie aus dem Polizeikorps entlassen worden seien, abhalten dürfen.

Die bisherige Disziplinierungsmaßnahme gegen den Sohn des Putschisten ist jedenfalls nicht so hart ausgefallen, wie sie klingt, denn er ist weder degradiert noch entlassen worden und kann sich jederzeit für eine andere Stelle, die seinem Rang entspricht, bewerben.

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