Spanien ermittelt gegen Volksrepublik China


Ermittlungsverfahren gegen hohe Führungskräfte wegen Völkermords in Tibet

Wie zur allgemeinen Überraschung Mitte Januar bekanntgegeben wurde, wagt sich die spanische Justiz erneut an einen Fall der über spanische Grenzen hinausreichenden Strafverfolgung. Konkret richtet sich das Augenmerk der spanischen Ermittler diesmal auf China und die Führungskräfte, die für zahlreiche Menschenrechtsverstöße sowie Völkermord verantwortlich sein sollen.

Madrid – Konkret hat die Audiencia Nacional wegen Völkermordes im von China besetzten Tibet jetzt ein Ermittlungsverfahren gegen Ex-Präsident Jiang Zemin, seinen damaligen Regierungschef Li Pen und fünf weitere hohe Führungsposten der Volksrepublik China eröffnet.

Eingereicht worden war die Klage im Juni 2005 vom spanischen Lehrstuhlinhaber für Strafrecht José Manuel Gómez Benítez, der im Auftrag der Bürgerinitiative Apoyo al Tibet, der Stiftung Casa del Tibet sowie von Thubten Wangcheng Sherpa, eines der Opfer der chinesischen Übergriffe, handelte.

Die Klage wurde zwar ursprünglich abgewiesen, doch nachdem die Klägerseite Beschwerde einlegte und das Verfassungsgericht befand, der Fall müsse ebenso gehandhabt werden, wie alle anderen Verfahren, die Spanien wegen Völkermordes gegen Länder wie Argentinien, Chile, Guatemala und Ruanda führt, wurde sie schließlich zugelassen.

„Kulturrevolution“

Während der „Kulturrevolution“ im 1951 von China besetzten und später „einverleibten“ Tibet wurden hunderttausende Tibeter gefoltert und getötet, buddhistische Klöster zerstört, Kinder ihren Eltern entrissen und in chinesischen Umerziehungslagern erzogen. Die Liste der Grausamkeiten ist endlos.

Die spanischen Ermittlungsrichter begründen ihren Handlungsbedarf unter anderem dahingehend, dass China eine Untersuchung der Menschenrechtsverstöße in Tibet ablehnt. Außerdem könne der Internationale Strafgerichtshof, der eigentlich für derartige Fälle zuständig ist, nicht eingreifen, da die Taten vor seiner Gründung geschahen und China das Tribunal in Den Haag überhaupt  nicht anerkennt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Spanien Ermittlungsverfahren eröffnet, die über die nationalen Grenzen hinausgehen. Der wohl berühmteste Fall ist die Strafverfolgung des chilenischen Diktators Augusto Pinochet. Bislang konnte allerdings nur der argentinische Ex-Offizier Adolfo Scilinge in Madrid wegen „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ verurteilt werden.

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