Strompreis nach dem „freien Markt“


Ab 1. April

Die Regierung hat das Stromsystem von Grund auf überarbeitet. Während das zuständige Industrieministerium den Konsumenten günstigere Stromrechnungen verspricht, äußerten sich die Verbraucherschützer äußerst kritisch über die neuen Regelungen.

Madrid – Im Folgenden ein Überblick über die Kernpunkte und die Veränderungen, wie sie am 1. April in Kraft treten werden:

Der frühere Standardtarif TUR wird durch den „Freiwilligen Preis für den Kleinverbraucher“ (Precio Voluntario para el Pequeño Consumidor, PVPC) ersetzt und ist vorgesehen für die 16 Millionen Konsumenten mit einer Vertragsleistung von unter 10 Kilowatt. Weiterhin handelt es sich um den einzigen von der Regierung kontrollierten Tarif, abgesehen von dem Zuschuss für sozial benachteiligte Familien.

Der PVPC besteht aus drei Komponenten: die eigentliche Stromleistung, deren Preis auf dem freien Markt bestimmt wird, die Mehrwert- und Elektrizitätssteuer sowie die sogenannten „peajes“ – ein Oberbegriff, der die Subventionen für Erneuerbare Energien, den Netzbetrieb, Schulden und andere Aufwendungen erfasst.

Bisher wurde der Preis für die Stromleistung alle drei Monate anhand einer „Cesur“ genannten Versteigerung ermittelt. Am Anfang wurde ein Ausgangspreis ins Spiel gebracht, woraufhin die Vertreter der Energieproduzenten nach und nach ihre Gebote abgaben, bis das günstigste Angebot erreicht war und nicht mehr unterboten wurde. Dieser Preis galt für ein Vierteljahr, um die Verbraucher vor Marktschwankungen zu schützen. Doch die Umgehung des freien Marktes habe bei den Verbrauchern jährlich zu 300 Millionen Euro Mehrkosten geführt, gab das Industrieministerium jüngst zu.

In Zukunft soll der Preis für die Stromleistung nun wieder an den freien Markt gekoppelt werden. Das bedeutet, dass die Konsumenten für ihren Verbrauch den durchschnittlichen Marktpreis des Erfassungszeitraumes bezahlen werden. Bei denjenigen, welche die sogenannte „discriminación horaria“ nutzen (Spezialtarif, bei dem nachts und morgens der Strom billiger, nachmittags und abends dafür teurer ist), soll stündlich der aktuelle Marktpreis angewendet werden.

Auf dem freien Markt wird der Preis täglich neu ermittelt. Für den zu erwartenden Gesamtverbrauch gibt jeder Produzent ein Preisangebot ab. Zuerst werden die günstigsten Angebote angenommen, dann die teureren, bis der erwartete Gesamtverbrauch gedeckt ist. Maßgeblich ist der letzte – und höchste – Preis, den schließlich alle akzeptieren, und der auf www.omie.es eingesehen werden kann. Die Regierung plant, in Kürze das Verfahren zur Ermittlung des Marktpreises zu ändern.

Weil die Korrektheit der Abrechnung schwer zu überprüfen sein wird, will das Industrieministerium eine Internetseite einrichten, auf welcher der Verbraucher die Vertragsleistung, den Erfassungszeitraum und den Verbrauch eingeben und den korrekten Gesamtbetrag errechnen kann.

Das Ministerium bezeichnet die Neuregelung, die am 1. April in Kraft tritt und sich ab Mai in den Stromrechnungen bemerkbar machen wird, als positiv für die Verbraucher und verspricht eine Gesamtersparnis von durchschnittlich drei Prozent im Jahr. Die Verbraucherschutzorganisation Facua Consumidores en Acción dagegen kritisierte, die Neuregelung eröffne den Konzernen die Möglichkeit, versteckt die Preise anzuheben, und beklagte die Undurchsichtigkeit der Preiskalkulation.

Für die Konsumenten gibt es eine Alternative. Sie können auf den freien Markt ausweichen und die Angebote der Vertreiber miteinander vergleichen. Mit der Neuregelung wurden diese verpflichtet, bis zum 30. April einen Tarif aufzustellen, der ein Jahr lang stabil bleibt.

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