Tauziehen um Justizreform zur Festigung der Meinungsfreiheit

Wegen der Haftstrafe für den Rapper Pablo Hásel gibt es Proteste in Barcelona und in Brüssel. Foto: EFE

Wegen der Haftstrafe für den Rapper Pablo Hásel gibt es Proteste in Barcelona und in Brüssel. Foto: EFE

Unidas Podemos will Straftaten wie die Verherrlichung des Terrorismus und die Verunglimpfung der Königsfamilie aufheben

Madrid – Die Polemik um den Rapper Pablo Hásel hat erneut offenbart, wie groß doch die Spaltung im Lager der spanischen Koalitionspartner, der sozialistischen PSOE und der linkspopulistischen Unidas Podemos, ist. Der spanische Musiker hat kürzlich eine Gefängnisstrafe wegen Verherrlichung des Terrorismus angetreten. Ein Umstand, der über 200 spanische Künstler, darunter so renommierte Vertreter wie der Regisseur Pedro Almodóvar und der Sänger Joan Manuel Serrat, dazu veranlasst hat, ein Protestschreiben zur Verteidigung von Hásel zu veröffentlichen.
Angesichts der großen Mobilisierung, die dieser Fall nicht zuletzt auch in den Medien hervorgerufen hat, wurde seitens der Regierung verkündet, man arbeite bereits daran, im Rahmen der ohnehin schon anstehenden Justizreform auch einige der im Zusammenhang mit der freien Meinungsäußerung besonders polemischen Paragrafen des Strafgesetzbuches den Anforderungen der heutigen Zeit entsprechend „abzuschwächen oder sogar gänzlich aufzuheben“. Konkrete Details dazu wollte das Justizministerium jedoch bislang nicht bekannt geben. Nur wenige Stunden später stellte Unidas Podemos jedoch im Alleingang einen eigenen bereits detailliert ausgearbeiteten Entwurf vor, durch welchen „der Schutz der Meinungsfreiheit“ gewährleistet werden soll. Dabei gehen die Linkspopulisten sehr viel weiter, als es der sozialistische Flügel der Regierung vermutlich jemals vorgehabt hat. Unter anderem wird demnach vorgeschlagen, Straftaten wie die Verunglimpfung der Königsfamilie, Beleidigung religiösen Empfindens, Verunglimpfung staatlicher Institutionen oder sogar die Verherrlichung des Terrorismus gänzlich aufzuheben.
Obwohl es zweifellos richtig und notwendig ist, diese wegen eines möglichen Widerspruchs zum Recht auf freie Meinungsäußerung teils umstrittenen Paragrafen des spanischen Strafgesetzes einer genauen Über- prüfung zu unterziehen, so ist es doch erstaunlich, dass die Koalitionspartner hier nicht nur nicht an einem Strang ziehen, sondern der linkspopulistische Teil der Regierung sogar, gänzlich ungeachtet der den Ministerpräsidenten stellenden PSOE, mit einer eigenen Initiative vorprescht.
Besonders im Hinblick auf die angestrebte Aufhebung des Paragrafen 578 des Strafgesetzbuches, der die Verherrlichung des Terrorismus anders als in vielen anderen europäischen Ländern in Spanien unter Strafe stellt, wird der Vorstoß der Unidas Podemos in nicht wenigen Kreisen der spanischen Medienlandschaft und Gesellschaft als zumindest „unsensibel“ angesehen. Tatsache ist nämlich, dass selbst Jahre nachdem die baskische Terrororganisation ETA die Waffen niedergelegt hat, vielerorts bis heute ehemalige Mitglieder der ETA öffentlich von Teilen der Gesellschaft geehrt werden, wenn sie beispielsweise aus dem Gefängnis entlassen werden.
Nicht zuletzt deswegen haben insbesondere verschiedene Vereinigungen von Opfern des Terrorismus beanstandet, durch die im Unidas Podemos-Entwurf vorgeschlagene Aufhebung der Verherrlichung des Terrorismus blieben die Opfer des Terrorismus, was die darin häufig enthaltenen Beleidigungen gegen sie betrifft, schutzlos zurück. Es sei eine Tatsache, so ein Sprecher des Verbandes Asociación de Víctimas del Terorismo, dass im Rahmen der immer wieder stattfindenden Veranstaltungen zu Ehren ehemaliger Terroristen ihre Opfer psychischen Schaden erleiden. Der gesellschaftliche und politische Arm der ETA sei bis heute genauso intakt wie zu Hochzeiten der Terrororganisation. Die Aufhebung dieser Straftat sei demnach nicht nur undenkbar, sondern „eine Ungeheuerlichkeit“.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.