Tauziehen um Öl


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Der Rechtsstreit über die Grenze zwischen den spanischen und marokkanischen Hoheitsgewässern, ein Hindernis für die geplanten Ölbohrungen von Repsol

Dass nur einige Kilometer von der kanarischen Küste entfernt Öl und Gas unter dem Meeresboden lagern, ist für Experten längst eine Realität. Die hohe Abhängigkeit Spaniens von Öl und Gas und die akute Energiekrise werfen erneut die Frage auf: Warum hat man bislang noch nicht mit der Förderung begonnen?

Die Madrider Regierung spricht von Umweltrisiken und von der Notwendigkeit, einen umfassenden sozialen Konsens auf den Kanarischen Inseln zu erreichen. Doch in Wirklichkeit weist alles darauf hin, dass eine gewisse Angst vor einer diplomatischen Krise mit Marokko besteht. Das Nachbarland besteht nämlich darauf, die Hoheit über genau das Gebiet zu besitzen, in dem sich die Ölvorkommen befinden. Und das ist ein enormes Hindernis.

Im Jahr 2001, als José Maria Aznar von der konservativen Volkspartei (PP) regierte, verabschiedete sein Kabinett eine Fördererlaubnis in der Umgebung der Kanarischen Inseln. Die Genehmigung der Regierung erlaubte den Beginn von Probebohrungen für einen Zeitraum von sechs Jahren in einem Gebiet von 600 qkm, 9,8 km von der Küste Fuerteventuras und 19,6 km von Lanzarote entfernt. Doch mit den Bohrungen wurde niemals begonnen, denn der oberste Gerichtshof hatte zwischen­zeitlich entschieden, dass die Genehmigung die geltenden Umweltnormen nicht respektierte und so wurde das Projekt gestoppt.

Allerdings hatte zur gleichen Zeit das Königreich Marokko einen Protest eingelegt. Die Konzession an Repsol bedeutet de facto die unilaterale Festsetzung der Begrenzung der Hoheitsgewässer durch Spanien, obwohl der entsprechende Prozess noch nicht abgeschlossen ist.

Diskussion unter Tauben

Das Hauptinteresse von Repsol konzentriert sich auf zwei Formationen, die sich fast genau auf dem Schnittpunkt befinden, an einem extremen Punkt der afrikanischen Kontinentalplatte der sich zwischen Lanzarote, Fuerteventura und der Küste Afrikas befindet. Es handelt sich um zwei Diapire, geologische Formationen aus verschiedenen Mineralien von 400 m Höhe und einer Ausbreitung von mehreren Quadratkilometern, wo nach Expertenmeinung Milliarden Barel Rohöl lagern.

Der Disput zwischen Spanien und Marokko, der einer Diskussion unter Tauben gleichkommt, konzentriert sich auf diese beiden Diapire, die durch ein Spiel der Natur direkt auf diese Trennungslinie platziert wurde über die noch immer gestritten wird.

Diese Trennungslinie zwischen den Kanarischen Inseln und der Zone unter marokkanischer Herrschaft ist ein hochbrisantes Thema, da beide Parteien die Regeln des Internationalen Rechts des Meeres zu ihren Gunsten interpretieren und einer dem anderen mehrere Seemeilen entreißen möchte.

Spanien stützt sich auf die Normen, die besagen, dass eine Linie mit gleicher Distanz zu beiden Küsten festgelegt werden sollte, wenn das Meeresgebiet zwischen beiden Staaten geringer als 720 km ist. Die Kanaren sind lediglich 108 Kilometer von Marokko entfernt.

Dort vertritt man die Meinung, dass die Kontinentalplatte wesentlich weiter als bis zu dieser Linie reicht, also eine Fortsetzung des marokkanischen Territoriums bedeutet.

Nachdem die Zone als sensibles Meeresgebiet geschützt wurde erklärte Marokko sich bereit, eine bilaterale Kommission zu bilden. Doch da sich alle Mineralölgesellschaften, die auf der Seite Marokkos standen von dem Projekt zu­rückgezogen haben, bleibt lediglich Repsol als Interessent übrig. Beide Seiten sehen sich vor, eine Entscheidung herbeizuführen, denn hüben wie drüben existieren zahlreiche wirtschaftliche Interessen, die nicht gefährdet werden sollen.

Erst kürzlich hat Antonio Brufau, Präsident der Repsol-YPF sein Interesse bekundet, erneut eine Erlaubnis für Probebohrungen zu beantragen, doch wie es scheint hat Präsident José Luis Zapatero augenblicklich kein Interesse daran, die Sache erneut aufzugreifen.

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