Terroranschlag in Barcelona mit 15 Toten und mehr als 120 Verletzten


Kerzen, Blumen, Plüschtiere – Die Flaniermeile Barcelonas, Las Ramblas, wurde zum Ort der Trauer. Foto: EFE

28Mit der Erschießung des mutmaßlichen Attentäters scheint die Terrorzelle zerschlagen

Barcelona – Es ist der schlimmste Terrorakt, der sich seit den Anschlägen auf die Madrider Nahverkehrszüge am 11. März 2004 – bekannt als 11-M – mit 196 Todesopfern, in Spanien ereignet hat und der achte Anschlag durch ein in eine Menschenmenge gesteuertes Fahrzeug in Europa, in einem einzigen Jahr.

Am 21. August erschoss die Polizei den seit dem Attentat flüchtigen 22-jährigen Terrorverdächtigen, der den Lieferwagen gefahren haben soll. Foto: EFE

Vier Tage nach dem Terroranschlag vom 17. August auf Barcelonas Flaniermeile Las Ramblas hat die Polizei am Mittag des 21. August den mutmaßlichen Fahrer des Lieferwagens, einen 22-jährigen Marokkaner, in der Ortschaft Subirats, nur 45 km von Barcelona entfernt, erschossen. Der Mann, dessen Name mit Younes Abouyaaquoub angegeben wurde, soll den weißen Lieferwagen in die Menschenmenge gesteuert haben. Er war seither auf der Flucht, und es wurde bereits europaweit nach ihm gefahndet. Eine aufmerksame Bewohnerin der Kleinstadt hatte den Terroristen erkannt und der Polizei den entscheidenden Hinweis gegeben. Damit scheint die Terrorzelle, die auch für den Anschlag im Ferienort Cambrils verantwortlich ist und aus 12 Mitgliedern, junge in Spanien aufgewachsenen Männer mit marokkanischen Wurzeln, bestanden haben soll, nach Ansicht der katalanischen Polizei zerschlagen.

Der Anschlag auf den Ramblas

Am Nachmittag des 17. August war kurz vor 17.00 Uhr ein Lieferwagen mit hoher Geschwindigkeit von der bekannten Plaza de Catalunya mehr als 500 Meter weit auf dem für die Fußgänger vorgesehenen Mittelstreifen der Promenade entlanggerast. Im Zickzack-Kurs fahrend versuchte er, möglichst viele Menschen zu erfassen. Er tötete 13 Personen und verletzte mehr als 120 der Passanten 34 verschiedener Nationalitäten teilweise lebensgefährlich. Bei Redaktionsschluss befanden sich noch mehr als 50 von ihnen in den verschiedenen Krankenhäusern, einige kämpfen um ihr Leben. Der Fahrer des Wagens floh zu Fuß, tötete auf dem nahen Universitätsgelände einen 34-jährigen Mann, um mit dessen Fahrzeug die Flucht fortzusetzen. Die Polizei hatte das Gebiet umgehend großräumig abgeriegelt, ließ Geschäfte und U-Bahnstationen schließen und evakuierte die verängstigten Menschen, die dort Schutz gesucht hatten.

Gasexplosion in einem Küstenort

Das Haus, in dem die Terrorzelle mit Sprengkörpern experimentierte und rund 120 Butangasflaschen lagerte, fiel nach der Explosion komplett in sich zusammen. Foto: EFE

Einen Tag zuvor hatte sich in einer kleinen Gemeinde an der Küste, rund 200 Kilometer von Barcelona entfernt, eine schwere Gasexplosion ereignet, durch die ein Wohnhaus fast völlig zerstört wurde. Mindestens zwei Personen kamen dabei ums Leben, sieben weitere wurden verletzt. Erst später, als die Polizei dort etwa 120 Propan- und Butangasflaschen sowie weiteres Material zur Herstellung von Sprengstoff fand, wurde den Sicherheitskräften klar, dass eine Verbindung zum Anschlag von Barcelona sowie zu einem weiteren, der einige Stunden später im Badeort Cambrils verübt wurde, bestand. Eingehende Ermittlungen ermöglichten es der Polizei, das Puzzle zu vervollständigen: Eine Terrorzelle unter der Leitung eines Imams, dessen Name mit Abdelbaki Es Satty angegeben wird und der bei der Gasexplosion getötet wurde, hatte bei der Herstellung einer Bombe diese schwere Explosion ausgelöst. Ermittlungen in den Wohnungen der Mitglieder, die allesamt in der Ortschaft Ripoll lebten und dort aufgewachsen sind und bei denen Computer und Handys sichergestellt wurden, führten zu einer schrecklichen Erkenntnis: Höchstwahrscheinlich war ein Anschlag auf das Wahrzeichen Barcelonas – die Basilika Sagrada Familia – geplant, die täglich von Tausenden Menschen besucht wird. Die Folgen eines solchen Anschlags und die Zahl der Opfer wären unvorstellbar gewesen. So wird von den Sicherheitskräften angenommen, dass es sich bei den Anschlägen in Barcelona und später in Cambrils, wo die Polizei vier der Terroristen erschießen konnte, um eine Art „Plan B“ gehandelt hat.

Solidaritätsbekundungen aus aller Welt

Präsident Mariano Rajoy, Vizepräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría, Innenminister Juan Ignacio Zoido, Kataloniens Regierungspräsident Carles Puigdemont und Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau brachen sofort ihren Urlaub ab, um an dem Krisenstab teilzunehmen.

König Felipe VI. und Königin Letizia besuchten Verletzte im Hospital del Mar. Foto: EFE

Auch das spanische Königspaar zeigte große Anteilnahme und reiste umgehend nach Barcelona. König Felipe und Königin Letizia besuchten Verletzte in den Krankenhäusern, nahmen an Gedenkveranstaltungen und an dem Trauergottesdienst teil, der in der Sagrada Familia stattfand.

Trauergottesdienst in der Sagrada Familia. Foto: EFe

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel war ebenfalls nach Barcelona gekommen und hatte das Mitgefühl der deutschen Regierung ausgesprochen, Blumen am Ort des schrecklichen Geschehens niedergelegt und sich nach dem Befinden der 13 Deutschen erkundigt, die bei dem Anschlag verletzt wurden und sich in verschiedenen Kliniken befanden. Auch der Regierungschef Portugals war nach Barcelona gekommen und Staatsvertreter aus aller Welt haben ihr Beileid bekundet und den Spaniern Mut zugesprochen.


Bundesaußenminister Sigmar Gabriel legte am Gedenkort Blumen nieder. Foto: EFE

Keine Erhöhung der Alarmstufe

Mit Sicherheit werden sich die Behörden jetzt kritischen Fragen gegenübersehen. Innenminister Juan Ignacio Zoido hat versichert, dass in den Touristikzonen die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt werden. Gebiete, die als potenzielle Ziele für Terroristen angesehen werden, würden ganz speziellen Schutz erhalten. Allerdings bestehe zurzeit keine unmittelbare Gefahr und daher auch kein Anlass, die derzeitige Gefahrenstufe von vier auf fünf zu erhöhen.

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