Umstrittener Minister soll zur OECD


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José Ignacio Wert, der die Bildungsreform LOMCE durchgepeitscht hat, will sich aus dem Amt zurückziehen

Nachdem die Gemeinde- und Regionalwahlen vorüber sind, will sich der spanische Bildungsminister José Ignacio Wert (PP) aus der Regierung zurückziehen. Wie es heißt, plant Ministerpräsident Rajoy, den unbeliebtesten Minister seines Kabinetts nach dessen Rücktritt aus dem Amt als OECD-Botschafter nach Paris zu entsenden.

Die Nummer 2 des Bildungsministeriums, Staatssekretärin Montserrat Gomendio, geht ebenfalls als stellvertretende Generaldirektorin für Bildung zur OECD, nach einer Verlautbarung des Bildungsministeriums ist dies eine der „wichtigsten Positionen“, die Spanien bei der OECD bekleidet. Diese sei ihr nach einem „strengen und anspruchsvollen Auswahlverfahren“ zugewiesen worden sei. Minister Wert ist seit drei Jahren Gomendios Lebensgefährte, ihr Chef im Bildungsministerium und offenbar auch künftig ihr Kollege bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 

Die Amtsführung des Soziologen und Juristen Wert im Bildungsministerium war stets hochumstritten. Seine Kürzungen im Schul- und Universitätswesen im Zuge der LOMCE-Reform lösten eine endlose Reihe von Schüler-, Lehrer-, Eltern und Studenten-Demonstrationen, die „Marea Verde“ (Grüne Flut) aus. Auf ebenso heftigen Widerstand stießen seine Verschärfung der Vergabekriterien für finanzielle Studienhilfen (Becas) und die Erhöhung der Universitätsgebühren sowie die Verkürzung der Studiengänge. Seine Kritik an der mangelnden Wertschätzung, die der spanischen Sprache (Castellano) an katalanischen Schulen entgegengebracht werde, und sein Ausspruch, die dortigen Schüler sollten durch mehr Unterricht in Castellano „spanischer“ werden, brachte die stolzen Katalanen gegen ihn auf. So ist sein Abgang rechtzeitig vor den Regionalwahlen in Katalonien im September möglicherweise eine Entlastung für seine Partei.

Im Gegensatz zu anderen Botschaftern bei internationalen Organisationen, wie der UNO oder der EU, deren Ernennung durch das Land, in welchem die Organisation ihren Sitz hat, genehmigt werden muss, kann die Entsendung von Botschaftern zur OECD nach Paris ohne langwierige bürokratische Hürden durch die spanische Regierung beschlossen und sofort wirksam werden. Da der bisherige Inhaber dieses Postens, Ricardo Díaz Hochleitner, in die spanische Botschaft in Rabat wechselt, könnte José Ignacio Wert die Stelle sofort nach seinem Rücktritt antreten. 

Es ist nicht das erste Mal, dass ein ehemaliger Politiker OECD-Botschafter wird. Schon der frühere Industrieminister Claudio Aranzadi, Wirtschaftsstaatssekretärin Elena Pisonero und die ehemalige Umweltministerin Cristina Narbona sind diesen Weg gegangen. 

Nur sechs Monate vor den Wahlen muss Ministerpräsident Rajoy nun sein Kabinett umbilden, zum vierten Mal in seiner Amtszeit. Zuerst ließ sich Landwirtschaftsminister Miguel Arias Cañete für die Europawahl aufstellen und ist nun EU-Kommissar für Klimawandel und Energie, im September letzten Jahres trat Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón zurück, nachdem sein restriktives Abtreibungsgesetz auf Eis gelegt worden war, und zuletzt musste Gesundheitsministerin Ana Mato zurücktreten, nachdem Richter Pablo Ruz sie in einem Urteil als Profiteurin im Korruptionsfall Gürtel bezeichnete. 

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