Vom Börsenwetter: Herbstblues oder goldener Herbst?


© Ulrich Seemann

Kolumne von Vermögensverwalter Ulrich Seemann

Liebe Leserinnen und liebe Leser, die Frage, wie sich Märkte letztlich entwickeln werden, kann niemand seriös beantworten. Entscheidungen für eine Anlageform wie z.B. Aktien können jedoch mit gutem Gewissen getroffen werden, wenn man sich des damit verbundenen Risikos und der tollen Chancen bewusst ist, die die jeweilige Anlageklasse beinhaltet und das Ganze gegeneinander seriös abwägt. Hüten sollte man sich vor übertriebenen Angstmachern, Crashpropheten und selbsternannten Börsengurus, die Märkte belasten können, und das erlaube ich mir heute mal zu skizzieren. Was haben die besorgten Schreiberlinge allein in diesem Jahr nicht alles niedergemacht:

1.) Griechenland wurde zur Tragödie für die weitere politische und wirtschaftliche Entwicklung Europas hochstilisiert, dabei liegt der Anteil Griechenlands an der europäischen Wirtschaftsleistung grade mal bei ca. 1,5 %, und was ist  deswegen Schlimmes passiert? -> Gar nichts!

2.) Im August das nächste verheerende „Attentat“ der Schreiberlinge: China ! (von mir übrigens in meiner Kolumne zuvor so angekündigt). Wie schlimm ist es, wenn eine der größten Volkswirtschaften der Erde ankündigt, sie strebt eine Wachstumsrate an, die „nur noch“ 4- bis 5-mal höher ist als unser Wirtschaftswachstum? Gleichzeitig korrigiert China den Wechselkurs der Währung, der fest an die Steigerungen des US-Dollars gekoppelt ist, um international wettbewerbsfähiger zu werden? Das ist furchtbar und bedenklich? Selbst IWF-Chefin Lagarde hat letzteres Vorgehen positiv beurteilt. Wir beobachten weiter aufmerksam das Geschehen. Zweifel an der angeblichen chinesischen Misere sind angebracht.

3.) Danach gibt die amerikanische Notenbankchefin Yellen bekannt, die US-Notenbank werde die Zinsen – entgegen den Erwartungen vieler – im Hinblick auf die weitere Stabilisierung der amerikanischen Volkswirtschaft (dies ist das Hauptaugenmerk ihres Handelns)  nicht erhöhen, was vernünftig war und ist. 

Meine Meinung dazu konnten Sie schon zuvor in dieser Kolumne lesen: Sie tut es nicht! Und so ist es auch gekommen.

4.) VW! Das war und ist ein unvorhersehbares Drama geworden. Ich finde es natürlich nicht gut, wenn ein Konzern von Weltformat mit 600.000 Beschäftigten offensichtlich betrügt. Sogar der oberste Chef hat davon nichts gewusst. Wow! Herzlich willkommen im Tal der Ahnungslosen.

Dass manche Schreiberlinge nicht richtig recherchieren können und allein in Amerika abstruse Schadenersatzforderungen bis zu 18 Milliarden US-Dollar für VW errechnen, halte ich für den viel größeren Skandal, der – offenbar ungeprüft – von vielen übernommen wurde. Derartige Behauptungen verschärfen die Probleme von VW unnötigerweise zusätzlich. Ich frage mich, zahlt dieser sogenannte Analyst Schadenersatz für die von ihm auf diese Weise verstärkten Kurseinbrüche der Aktien?

Vergleichbare Straftaten wurden bisher übrigens mit ca. 1 Mrd. US-Dollar von der amerikanischen Umweltschutzbehörde geahndet. Keine Frage, dass noch (erhebliche) Nachbesserungskosten bei den Pkws hinzukommen. Einen VW-Konzern mit 200 Mrd. Euro Umsatz wird das – Stand heute – belasten, aber nicht umwerfen. 

Viel wichtiger noch: Es gibt keinen Grund, andere deutsche Unternehmen sowie deren Aktien dafür in Sippenhaft zu nehmen. Das ist meine Meinung dazu, und ich denke, da bin ich mit vielen guten Analysten einer Meinung. 

    

Was nun – goldener Herbst oder Winterblues an der Börse? 

Dazu in eigener Sache: Mit meinem neuesten Interview an der Frankfurter Wertpapierbörse und Beantwortung dieser Frage bin ich auch im Internet zu sehen – siehe unter  www.seemann-vermoegen.de

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