Wer bekommt den Milliarden-Schatz?


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Das Wrack der Galeone „San José“ wurde in kolumbianischen Hoheitsgewässern gefunden, Spanien beansprucht jedoch das ehem. Segelschiff der Staatsflotte

Dieser Tage überraschte Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos die Welt mit der Nachricht, man habe die vor über 300 Jahren gesunkene spanische Galeone „San José“ gefunden. Viel mehr wollte Santos jedoch nicht preisgeben, schließlich könnte der sich an Bord der „San José“ befindliche Schatz mehrere Milliarden Euro wert sein. Neben Kolumbien und Spanien haben auch professionelle Schatzsucher Ansprüche angemeldet.

Teil der Silberflotte

Die „San José“ war 1696 gebaut worden. Das schnelle, wendige und hochseetaugliche Kriegsschiff gehörte zur sogenannten Silberflotte, die aus den südamerikanischen Kolonien Spanien mit Gold, Silber und Edelsteinen versorgte und erheblich zur Finanzierung der spanischen Truppen im Erbfolgekrieg beitrug. 

Im Sommer 1708 wurde die mit 60 Kanonen ausgestattete „San José“ in Cartagena de Indias (Kolumbien) mit knapp 200 Tonnen Gold- und Silbermünzen sowie Smaragden beladen. Anfang Juni trat sie die Heimreise nach Cádiz an, begleitet von zwei weiteren Galeonen und 14 Handelsseglern. Am 8. Juni kam es 16 Seemeilen (etwa 30 Kilometer) vor Cartagena zum Seegefecht mit vier britischen Kriegsschiffen. Im Rahmen des Erbfolgekrieges starteten die Briten immer wieder Versuche, die Silberflotten zu kapern, um die spanische Kriegsfinanzierung zu unterbrechen.  Während der fast zehn Stunden andauernden Schlacht wurde die „San José“ in Brand geschossen. Nach einer Explosion der Pulverkammer sank das Schiff. 578 Seeleute, Soldaten und Passagiere kamen ums Leben, nur elf Überlebende wurden gerettet. 

Schatzsucher spürten das Wrack auf

Die „San José“ und ihr Schatz, der bis zu 10 Milliarden Dollar wert und damit der wertvollste der Weltmeere sein könnte, wurden zur Legende. 1981 erklärte ein amerikanisches Unternehmen, welches sich der professionellen Schatzsuche widmet, das Gebiet um die „San José“ eingegrenzt zu haben. Das Unternehmen meldete Ansprüche an einem möglichen Fund an, was von Kolumbien jedoch abgelehnt wurde, obwohl das Land Jahre zuvor dem Unternehmen vertraglich einen Anteil zugesichert hatte. Der Fall landete vor Gericht. Nach jahrelangem Rechtsstreit entschied ein US-Gericht schließlich, dass die Galeone und der Schatz Kolumbien gehören. 

Kolumbien hat sie gefunden 

Dieser Tage trat Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos vor die Presse und erklärte, ein Team internationaler Experten des Nationalen Archäologischen Instituts und der Marine hätten das Wrack Ende November nahe der Halbinsel Barú mit Schallortung ausfindig gemacht. Zwar wurden Unterwasserfotos von Kanonen und anderen Gegenständen veröffentlicht, mehr Informationen wurden jedoch nicht preisgegeben. Weder der genaue Fundort noch der Zustand, in dem sich das Wrack befindet, wurden genannt. Es wird gemunkelt, das Wrack sei intakt und läge auf der Seite. 

Sicher ist jedoch, dass großes Interesse an der „San José“ und dem auf ihr befindlichen Schatz – angeblich dem wertvollsten der Weltmeere – besteht. 

Kolumbien beansprucht das Eigentum und hofft, seine enormen Auslandsschulden damit senken zu können. Erst 2013 wurde das „Gesetz zum Schutz des unter Wasser liegenden Kulturguts“ verabschiedet, welches dem Land das Eigentum an Schätzen in Gewässern seines Hoheitsgebietes sichert.

Spanien meldet selbstverständlich ebenfalls Ansprüche an, schließlich fuhr die „San José“ unter spanischer Flagge.

Peru könnte ebenfalls Rechte an dem Schatz geltend machen, schließlich stammte ein Großteil davon aus peruanischem Staatsgebiet. 

Und auch die Schatzsucher haben noch lange nicht aufgegeben. 

Streit entbrannt

Bei Bekanntgabe des Fundes zögerte Santos nicht lange und stellte klar: „Es handelt sich um Eigentum der Kolumbianer.“ Dabei stützte er sich auf das 2013 beschlossene „Gesetz zum Schutz des unter Wasser liegenden Kulturguts“, welches das Eigentum an Wracks in den eigenen Hoheitsgewässern dem Staat Kolumbien zuschreibt. 

Doch José María Lassalle, spanischer Staatssekretär für Kultur, ließ im Rahmen einer ersten Reaktion durchblicken, Spanien habe seit jeher an der Richtigkeit dieses Gesetzes gezweifelt und werde selbstverständlich nicht auf sein Recht verzichten. Wörtlich erklärte Lassalle: „Spanien wird die kolumbianische Regierung bitten, die rechtlichen Grundlagen für ihren Zugriff auf ein spanisches Wrack darzulegen.“ Nach Überprüfung der Rechtslage würde man die entsprechenden Schritte einleiten und „das spanische Kulturerbe unter Wasser, gestützt von der entsprechenden UNESCO-Konvention“ verteidigen und schützen. 

Nachdem die Presse vorschnell von einer Krise gesprochen hatte, versicherten beide Regierungen, den Streit um die „San José“ auf jeden Fall auf diplomatischem Weg lösen zu wollen. Diese Aufgabe wird den beiden Außenministern María Ángela Holguín für Kolumbien und José Manuel García Margallo für Spanien zukommen. 

Der spanische Kultusminister Íñigo Méndez de Vigo pochte jedoch öffentlich auf Einhaltung der internationalen Abkommen. Auch wenn Kolumbien nicht die UNESCO Konvention zum Schutz des Kulturerbes unter Wasser unterzeichnet hat. Er wies darauf hin, dass es sich bei der Galeone um ein staatliches Schiff gehandelt habe, das nach Anwendung dieser Konvention Spanien zustehe. 

Während in Peru die Lage noch geprüft wird, forderte Danilo Devis, Anwalt des Schatzsuchunternehmens Sea Search Armada, Kolumbiens Regierung auf, den genauen Fundort bekannt zu geben. Sollte dieser mit der seitens der Schatzsucher vor Jahren ausgemachten Fundstelle nicht übereinstimmen, wolle das Unternehmen von einer weiteren Geltendmachung möglicher Ansprüche absehen.

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