„Wir haben alle in Spanien Platz“


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In seiner Weihnachtsansprache ermuntert König Juan Carlos dazu, die Abkommen des friedlichen Zusammenlebens zu erneuern

Für seine Weihnachtsansprache am Heiligen Abend, mit der er sich traditionsgemäß an alle Spanier richtet, hatte König Juan Carlos in diesem Jahr einen ganz neuen Stil gewählt. Er mahnte die Erneuerung der Abkommen für ein friedliches Zusammenleben an und zielte damit offensichtlich auf die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens.

Madrid – „Wir müssen mit Großzügigkeit vorgehen und nachgeben, wenn es erforderlich ist, um die Gründe des anderen zu verstehen. Wir müssen den Dialog als Methode für die Lösung kollektiver Probleme einsetzen“, sagte er wörtlich. „Es sollte unser Ziel sein, mehr Wert auf das zu legen, was uns eint und die Bedeutung unseres Grundgesetzes sowie die Erfüllung der Gesetze zu unterstreichen.“

Der König nutzte die Weihnachtsansprache, mit der er stets viele Bürger erreicht, dazu, das Grundgesetz von 1978 zu verteidigen. „Es hat uns die längste Periode von Freiheit, friedlichem Zusammenleben und Wohlstand unserer Geschichte beschert. Das sollten wir immer präsent haben, denn oft erscheint es so, als würden wir es vergessen, wenn von einer beginnenden Dekadenz unserer Gesellschaft und unserer Institutionen die Rede ist.“

Die Existenz eines historischen Erfolges, wie der des Grundgesetzes von 1978 ist nach seiner Ansicht nicht unvereinbar mit der Erkenntnis, dass die Qualität der Demokratie in vielen Aspekten noch verbesserungsfähig ist. Eine wichtige Aufgabe sei es, Spanien zu modernisieren und zu erneuern. Doch um das zu erreichen, sei es notwenig, zusammenzustehen, Großzügigkeit zu zeigen und auch nachgeben zu können.

Seine Position habe ihm erlaubt, ungezählte Wechselfälle mitzuerleben, die Spanien durchlaufen musste, das Land, dem er sein Leben gewidmet habe, versicherte der Monarch, der in diesen Tagen seinen 76. Geburtstag feiert. „Ich habe schlechte und gute Momente erlebt, und immer haben wir Spanier es erreicht, die schlechten Zeiten zu überstehen und gemeinsam die guten Zeiten zu schaffen. Gemeinsam“, wiederholte der König, „haben wir Probleme gelöst, die auch nicht einfacher waren als die, welchen wir heute gegenüberstehen, aber immer mit dem festen Willen, gemeinsam das Ziel zu erreichen. Gemeinsam müssen wir daran arbeiten, unsere Zukunft aufzubauen, denn uns einen sehr viele Dinge.“

Er erinnerte an die Worte seines Sohnes Felipe „Spanien ist eine große Nation, für die es sich lohnt zu kämpfen“. Die Krone, so sagte König Juan Carlos, fördere dieses Modell einer Nation. „Ich glaube an ein freies Land, gerecht und vereint innerhalb seiner Diversität. Ich glaube an dieses offene Spanien, in das wir alle passen. Und ich glaube an dieses Land, an dem wir alle gemeinsam arbeiten müssen.“

Der Monarch beendete seine Ansprache mit einer Einladung an alle politischen Kräfte, die Differenzen zu überwinden, ohne ihre Idee aufgeben zu müssen, um zu Ergebnissen zu gelangen, die vorteilhaft für alle sind und die erforderlichen Reformen ermöglichen.

In einem Moment des wachsenden Unbehagens der Bevölkerung gegenüber der Monarchie wollte der König den Bürgern zu verstehen geben, dass man sich im Zarzuela-Palast der wirtschaftlichen Probleme, denen sich viele Spanier gegenübersehen, durchaus bewusst ist. Dass man auch Verständnis für die Unzufriedenheit der Menschen mit den Institutionen habe, die es nicht verstehen, Antworten auf die Vielzahl der Probleme zu geben.

Er wandte sich an diejenigen, die ihre Arbeitsstelle verloren haben und forderte die Regierung zu größerer Anstrengung auf, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. „Wir können die Angst von Millionen Spaniern, die nicht arbeiten können, nicht als normal akzeptieren. Für mich beginnt eine Lösung der Krise erst damit, dass Arbeitslose die Chance haben, einer Arbeit nachzugehen.“

Von den politischen Führern verlangt der Monarch, dass sie sich auf Augenhöhe mit den Bürgern befinden. Dafür sei eine Änderung ihres Verhaltens und ein ethischer Kompromiss unabdingbar. Auch er verpflichte sich, derartige Veränderungen in seinem Hause durchzuführen und Transparenz und Vorbildlichkeit zu praktizieren, denn das erwarte die Gesellschaft auch von ihm.

Zum Schluss seiner Weihnachtsbotschaft, der einzigen Rede im ganzen Jahr, die im Zarzuela-Palast verfasst und nicht von der Regierung vorgeschrieben wird, versicherte er, dass er nicht die Absicht habe, abzudanken. „Ich übermittle Ihnen als König von Spanien meine Entschlossenheit, das friedliche Zusammenleben der Menschen in unserem Lande zu unterstützen, wie mein Mandat und das Grundgesetz es mir vorschreiben.“

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