Nach großen Protestaktionen im In- und Ausland
Eine Welle von Protestaktionen in Madrid und anderen spanischen Großstädten mit Tausenden von Teilnehmern sowie in verschiedenen europäischen Hauptstädten kennzeichnete das letzte Aprilwochenende. Prominente Persönlichkeiten aus der Welt der Kunst und Kultur vor allem aber die Verbände der Franco-Opfer bekundeten ihre Solidarität mit dem Star-Richter Baltasar Garzón der wegen Amtsanmaßung angeklagt ist.
Madrid – Sogar Vertreter von 26 UN-Mitgliedsstaaten hatten eine Erklärung zur Unterstützung des Richters unterzeichnet. Sie protestierten dagegen, dass von Privilegierten der franquistischen Elite der Prozess gegen den Richter angestrengt wurde.
Ihm wird zur Last gelegt, die Untersuchung der Verbrechen während des Franco-Regimes aufgenommen zu haben, obwohl er dafür nicht die Zuständigkeit besaß.
Klagende Parteien sind zwei ultra-rechte Gruppierungen, die Falange Española de las Jons und die Pseudo-Gewerkschaft Manos limpios (saubere Hände) die mit ihren Klagen ein Berufsverbot für den Richter erwirken wollten. Ihre Bemühungen wurden von der konservativen Partido Popular nach Kräften unterstützt, deren prominente Mitglieder in den schwersten Korruptionsfall der jüngeren spanischen Geschichte verwickelt sind, dem so genannten Fall Gürtel. Richter Garzón hatte die Untersuchungen seinerzeit eingeleitet, die jetzt von den Gerichten in Madrid und Valencia weiterverfolgt werden. (Das Wochenblatt berichtete wiederholt) Eine Verurteilung und ein mögliches Berufsverbot des Richters hätten für die Beschuldigten im Fall Gürtel die Möglichkeit eröffnet, die gesamten Untersuchungen anzuzweifeln und in ihren Grundfesten zu erschüttern.
PP-Chef Mariano Rajoy hatte wegen der „brutalen Kampagne“ gegen den Obersten Gerichtshof wiederholt protestiert und moniert, dass das Ansehen und die Unabhängigkeit der spanischen Justiz wegen der Proteste auf der Straße in Frage gestellt würden. Er forderte den Präsidenten Zapatero und seine Regierung auf, in dieser Angelegenheit Stellung zu beziehen. Der Präsident und seine Minister hatten wiederholt auf die Unabhängigkeit der Justiz verwiesen und sich weitgehend einer Stellungnahme enthalten.
Dass der zuständige Untersuchungsrichter Luciano Varela die Klage gegen Garzón angenommen hatte, war der eigentliche Auslöser der Proteste. Eine Aktion, die allgemein auf Unverständnis gestoßen war.
Die Tatsache, dass Richter Varela die beiden Kläger auf Formfehler in ihren Klageschriften hingewiesen und ihnen nicht nur eine Frist sondern auch Hinweise für eine Berichtigung gegeben hatte, veranlasste Garzón bzw. seine Verteidigung, dem Untersuchungsrichter Befangenheit vorzuwerfen. Immerhin hätten die Klagen letztendlich wegen der fehlerhaften Klageschriften abgelehnt werden müssen.
Der hatte in der Zwischenzeit die Klage der Falange abgewiesen, weil die Frist für die Korrektur der Klageschrift nicht eingehalten worden war, wogegen diese inzwischen Einspruch eingelegt hat.
Nach mehreren Tagen „Bedenkzeit“, deren Ergebnis mit höchster Spannung erwartet wurde, nahm Varela die Befangenheitsklage an und legte gleichzeitig den Fall nieder.
Nun wird der Oberste Gerichtshof einen anderen Richter mit der Untersuchung des Falles der Amtsanmaßung von Garzón beauftragen, und ein weiterer Richter muss über die Befangenheitsklage gegen Luciano Varela entscheiden.
Berufsverbot des Richters gestoppt
Die Entscheidung Varelas hat die Suspendierung von Baltasár Garzón fürs Erste gestoppt. Eine Weiterführung des Prozesses hängt davon ab, ob die mündliche Vernehmung anberaumt wird.
Der Präsident des Rates der richterlichen Gewalt hat überraschend eine Reise nach Montevideo abgesagt um anwesend zu sein, wenn eine außerordentliche Sitzung einberufen werden sollte. In diesem Fall müssen mindestes 14 der insgesamt 21 stimmberechtigten Ratsmitglieder teilnehmen. Der Vizepräsident des Rates sowie drei weitere Mitglieder haben sich inzwischen freiwillig zurückgezogen.
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