Die geheimnisvolle Welt der Orcas erforschen


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Orca Ocean: Diagnose-Methoden, Sprache, Ernährung und Verhalten im Visier der Wissenschaft

Ffffft, ffffft macht der große Wal und wälzt sich von einer Seite auf die andere. In seinem Auge bewegt sich was. Oder täuscht das? Fffft, ffffft. Das ist die Hydraulik, die das lebensgroße Orca-Modell bewegt, das in der Meeresschule „Aula del Mar” im Loro Parque ausgestellt ist. Hier begrüßt Loro Parque-Generaldirektor Wolfgang Kiessling am 15. März die Medien, denen er diesmal nicht in erster Linie die neuen Wale im Park vorstellt, sondern die vier wissenschaftlichen Projekte, die nun in Zusammenarbeit mit den Universitäten La Laguna, Madrid und Berlin rund um die Wale durchgeführt werden.

Projekt 1 dreht sich um die Erstellung verschiedener Diagnose-Kits, durch die das Vorhandensein spezifischer Antikörper gegenüber unterschiedlichen Krankheitserregern im Blutserum der Orcinus Orca nachgewiesen werden soll. Wie Projektleiter Dr. Basilio Valladares erklärte, geht es hier um eine immunenzymatische und molekularbiologische Versuchsreihe, deren Ergebnis möglicherweise nicht nur die bislang für Orcas nicht vorhandenen Diagnose-Kits sein werden, sondern die Entwicklung methodologischer Referenzwerte und deren mögliche Übertragung auf alle Wal-Spezies. Das mit 215.850 Euro dotierte Projekt wird ausschließlich durch die Loro Parque-Stiftung finanziert und ist bis Ende 2009 angesetzt.

Die Sprache der Wale

„Ich kann walisch”, sagt in dem Film Nemo das Fischmädchen Dori. Tatsächlich aber wäre sie im Fall der Orcas in der realen Unterwasserwelt mit ihren Sprachkenntnissen nicht weit gekommen, es sei denn, sie wäre zufällig einem Orca begegnet, der den gleichen Dialekt wie sie gesprochen hätte. Selbst Dr. Dolittle hätte da zweifellos Probleme. Denn offensichtlich kommuniziert jede Walfamilie in ihrer hauseigenen Sprache, tönt, flötet, keckert in ihrer ureigenen Mundart, die ein wichtiges Erkennungszeichen untereinander ist.

Das Projekt unter Leitung von Dr. Fernando Rosa ist dann auch ein sozusagen linguistisches und trägt den Titel „Herstellung von informatischen Werkzeugen und Erforschung der Bedeutungs-Parameter in der Vokalkultur der Orcinus Orca.“

Die Orcas haben, so Dr. Rosa, eine ungewöhnlich vielschichtige Kultur, was bedeutet, dass sie recht unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag legen können. Zwar gibt es bereits bioakustische Analysen für die tonalen Laute der Orcas, jedoch noch keine für die charakteristischen pulsierenden Laute dieser Spezies. Die Ergebnisse dieser Studie können zu einer besseren Überwachung und Hege der wilden Kolonien führen. 249.000 Euro steckt die Loro Parque-Stiftung in das bis 2011 mit der Universität La Laguna laufende Projekt.

Scheinbar unter dem Namen der Zauberin, die einst Odysseus betörte, läuft das Projekt Circe (Conservación, Información y Estudio sobre los Cetáceos), in dem es um die Ernährung der Orcas geht. Zwar steht der Orca in der Nahrungskette ganz oben, doch ernährt er sich zumindest in der Gegend von Gibraltar vorzugsweise von rotem Thunfisch, der wiederum begehrte Beute der internationalen Hochseefischer ist. Damit wäre die Existenz der Orcas in der Zukunft gefährdet, es sei denn, sie würden sich auf andere Hauptnahrung einlassen. Bei diesem Projekt handelt es sich um eine vergleichende Studie freilebender und in menschlicher Obhut lebender Orcas und der Auswirkung ihrer Ernährung auf ihren Organismus anhand von stabilen Isotopenprofilen, die über Hautproben fesgestellt werden. Knapp ein Sechstel des 196.365 Euro-Etats trägt die Universidad Autónoma Madrid, den Löwenanteil die Loro Parque-Stiftung.

Und mit der Freien Universität Berlin läuft last but not least eine groß angelegte Verhaltensstudie der Orcas, deren Endziel es ist, Erkenntnisse zu sammeln, die zu einer Auswilderung von in Meerparks geborenen Orcas führen können. 306.000 Euro lässt sich die Loro Parque-Stiftung dieses unter Leitung von Prof. Dietmar Todt stehende Forschungsprojekt kosten.

Wie’s drinnen aussieht…

Ja, von wegen, das geht keinen was an! Orca Ocean kann sich auch hinter den Kulissen sehen lassen: Jedem Technik-Freak würden die Augen angesichts der gewaltigen Maschinenparks übergehen, die für das Wohlergehen der Wale sorgen. Fabrikhallenausmaße hat der Saal der Filteranlagen. Dagegen nimmt sich die Rohrleitung, mit der das klare Meerwasser aus 65 Metern Tiefe direkt aus dem Ozean hochgepumpt wird, geradezu zierlich aus. Und allein die Kühlanlage, die das Wasser im Wal-Becken konstant auf 13°C hält, ist so groß wie ein kleiner Bungalow. Und die Gefrierräume, in denen der Fisch für die Wale palettenweise gelagert wird, sind auch nicht von schlechten Eltern. Ganz im bekannten Stil des Loro Parque eben: alles vom Feinsten, vor und hinter den Kulissen.

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