Die Kirche setzt sich bei der Bildungsreform durch


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Religionsunterricht wird durch das neue Schulgesetz LOMCE stärker gewichtet

Das umstrittene neue Bildungsgesetz LOMCE verschafft der Katholischen Kirche wieder mehr Einfluss in den Schulen, indem die Note des Fachs Religion zum ersten Mal seit 1990 wieder versetzungsrelevant wird und auch durch das Einfließen in den Notendurchschnitt für die Vergabe von Stipendien mitentscheidend ist.

Madrid – Bürgerkunde dagegen wird abgeschafft, und Kinder, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, erhalten Ethikunterricht.

Trotz des breitgefächerten Widerstandes des Bildungssektors, der Gewerkschaften und des gesamten politischen Spektrums mit Ausnahme der konservativen Regierungspartei PP wurde die Schul- und Bildungsreform nun verabschiedet und soll zum übernächsten Schuljahr 2014/2015 in Kraft treten.

Bildungsminister José Ignacio Wert (PP) sieht seine Reform als Mittel gegen das schlechte Abschneiden der spanischen Schüler bei internationalen Vergleichstests und die hohe Schulabbrecherquote von 24,5%. Die Möglichkeit, sich schon ab 14 Jahren auf einen Berufszweig zu spezialisieren, externe Prüfungen für Mittlere Reife und Abitur sowie die Stärkung der Position des Schuldirektors sind wichtige Teile der Reform.

Aus dem Blickwinkel der öffentlichen Bildungseinrichtungen ist das neue Gesetz nur die Kehrseite der Kürzungen im Bildungssystem. Es erscheint den Reformgegnern rückwärtsgewandt, betreibt eine sehr frühe Auslese unter den Schülern und unterstützt die halbstaatlichen Schulen und die Kirche. Lehrer, Schüler und Eltern sind in den letzten Monaten immer wieder aus Protest gegen diese Reform auf die Straße gegangen.

Im Jahr 2002 gab es schon einmal einen Versuch der konservativen PP, den Religionsunterricht stärker zu gewichten, die damalige Bildungsreform wurde jedoch im Jahr 2004 nach der Regierungsübernahme durch die sozialistische PSOE gestoppt. Seit dem neuerlichen Regierungswechsel dominierte wieder das Fach Religion die Bildungsdebatte, die geprägt war durch das Abkommen des spanischen Staates mit dem Vatikan, den „Unterricht der Katholischen Religion als reguläres Pflichtfach an allen staatlichen und nichtstaatlichen Schulen aller Jahrgangsstufen und Schularten“ zu garantieren. Die Bischöfe haben im diesem Kontext immer gefordert, die Benotung des Faches in alle Bewertungen mit einfließen zu lassen und das alternative Unterrichtsangebot nicht zu attraktiv zu machen. So wollen sie offenbar der Tatsache entgegenwirken, dass sich immer mehr Schüler gegen den Religionsunterricht entscheiden.

LOMCE wird teuer

Die Regierung hält die LOMCE-Bildungsreform für eilig und unaufschiebbar, da die Statistiken zum Schulversagen zeigen würden, dass das gegenwärtige System nicht funktioniere. 18% aller spanischen Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren haben 2012 an keinerlei Ausbildungsgängen teilgenommen. Das europäische Mittel liegt bei 12,8%. Außerdem brechen 24,9% aller Schüler ihre Schulausbildung vorzeitig ab.

Die Sozialisten haben dagegen schon angekündigt, das Gesetz wieder kippen zu wollen, sobald sie an die Regierung zurückkehren, weil es „die Klassengesellschaft fördere, Schüler aussondere und reaktionär“ sei.

Die konservative Regierung hat es also eilig, doch die Reform wird teuer. 408 Millionen Euro soll sie kosten. Die Hälfte davon will Bildungsminister Wert aus dem Europäischen Sozialfonds besorgen, dessen Zweck es unter anderem ist, die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Diese liegt in Spanien zurzeit bei 56%.

Die wichtigsten Reformpunkte in Kürze

1) Nach jedem Bildungsabschnitt, Grundschule, Mittelstufe und Abitur, jeweils sechs, vier und zwei Schuljahre lang, gibt es eine schulexterne Abschlussprüfung. Die erste dient der Orientierung, die letzten beiden müssen bestanden werden.

2) Schon mit 14 Jahren in der neunten Klasse müssen die Schüler Fächerkombinationen wählen, die auf ihren späteren Berufswunsch abzielen.

3) Eltern, Lehrer und Schüler, die bisher im Schulrat ein hohes Mitspracherecht hatten, verlieren an Einfluss, da ihr Votum bei der Entscheidungsfindung keine Rolle mehr spielt. 4) Das Gesetz gibt den Fächern Mathematik, Spanisch und Geschichte ein höheres Gewicht und legt deren Lehrpläne genau fest.

5) Die Verpflichtung des Staates, für jedes Kind einen Platz in einer öffentlichen Schule bereitzuhalten, wird eliminiert. Bei der Planung des Bildungsangebots dürfen nun auch Privatschulen miteinbezogen werden.

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