Eine Debatte ohne Sieger


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Korruption, Arbeitsmarkt und Sparmaßnahmen waren die Hauptthemen bei der Fernsehdebatte der Spitzenkandidaten

Die Wirtschaft und die Korruption waren die am heftigsten diskutierten Themen bei der Debatte zu viert, dem einzigen gemeinsamen Fernsehauftritt der Präsidentschaftskandidaten, die sich am 26. Juni erneut zur Wahl stellen.

Im ersten Teil der Debatte kritisierten die Führer von PSOE, Podemos und Ciudadanos den noch amtierenden Präsidenten und die Arbeit seiner Regierung. Mariano Rajoy verteidigte sich gegen die Anschuldigungen der Konkurrenten mit den guten Arbeitsmarktdaten. „Regieren ist nicht leicht“, gab er das eine und andere Mal zu bedenken. Wenn seine Theorie in die Tat umgesetzt würde, könnte Spanien es in vier Jahren auf zwanzig Millionen Arbeitsplätze bringen, verkündete er an anderer Stelle.

Albert Rivera griff den Präsidenten wiederholt wegen der zahlreichen Korruptionsfälle an, für die sich dieser entschuldigte. Doch auch die beiden anderen Kandidaten legten ebenso wie der Ciudadanos-Chef den Finger immer wieder in diese Wunde. Pablo Iglesias, dem Chef von Podemos, hielt Rivera vor, in seinem Regierungsprogramm sei eine Steuererhöhung vorgesehen.

Sozialistenchef Pedro Sánchez dagegen warf Iglesias mehrfach vor, er habe die Regierungsbildung unter seiner Führung verhindert, indem er mit der PP gemeinsame Sache gemacht und gegen ihn gestimmt habe. 

Iglesias wiederum vermied eine Konfrontation mit Sánchez und flüsterte ihm mehrmals zu: „Pedro, der Gegner ist Rajoy“.

Ein schwieriges Panorama

Politische Beobachter sind der Ansicht, dass die Debatte erahnen lässt, wie kompliziert das politische Panorama nach den Wahlen sein könnte. Es wird äußerst schwierig sein, die Gegensätze zwischen den politischen Gruppen zu überbrücken, die darauf angewiesen sein werden, einen Pakt zu schließen. 

Die möglichen zukünftigen Regierungspartner Rajoy und Rivera prallten mit ihren Äußerungen wiederholt aufeinander. Insbesondere, als der Führer der liberalen Ciudadanos Rajoy Korruption vorwarf und ihm nahelegte, seine Kandidatur aufzugeben. Das könnte ein wichtiger Hinderungsgrund für eine zukünftige Verständigung zwischen den beiden Parteien sein.

Immer wieder legte Rivera nach und sprach von den schlimmsten Kapiteln der Korruption wie dem Fall „Gürtel“ oder den ermunternden Nachrichten, die Rajoy dem ehemaligen Schatzmeister der PP nach der Verhaftung geschrieben hatte. Der Präsident war über diese Vorwürfe sichtlich verärgert, ließ seine politischen Gegner jedoch wissen, dass er immerhin zum dritten Mal die Wahlen gewonnen habe.

Pedro Sánchez war ebenso hart zu Rajoy – in seinen Äußerungen, seinem Ton und der Kritik an der Regierungsarbeit. Klar und deutlich ließ er wissen, dass eine große Koalition zwischen PP und PSOE, wie Rajoy sie sich wünscht, wohl unmöglich sein werde. „Die Spanier verdienen keinen Regierungspräsidenten wie Sie es sind, denn Sie führen eine Partei in B“. (Ein Hinweis auf die schwarzen Kassen der PP – als caja B bekannt).

Mariano Rajoy ließ es in seiner Antwort an Sánchez ebenfalls nicht an Härte fehlen. „Das Beste für Spanien ist, dass Sánchez nicht Präsident wird“, erklärte er. „In eine Regierung geht man fertig ausgebildet und nicht als Praktikant“, ließ er sinngemäß seine drei Kontrahenten wissen.

Podemos-Chef Iglesias gab sich überraschend versöhnlich gegenüber dem sozialistischen Kandidaten Pedro Sánchez. Er lobte mehrmals verschiedene Vorschläge im Regierungsprogramm der Sozialisten und sagte wörtlich: „Sie irren sich in Ihrem Gegenspieler. Nach dem 26. müssen Sie sich zwischen der PP und uns entscheiden. Wenn Sie mehr Stimmen erzielen, werde ich Ihnen wieder die Regierungsbildung vorschlagen“. Die Linie seiner Argumentation war, die PSOE vor die Entscheidung zu stellen, mit Podemos einen Pakt zu schließen oder die PP, also Mariano Rajoy, weiterhin regieren zu lassen.

Die Kandidaten erklärten auf eine diesbezügliche Frage der drei Journalisten, welche die Diskussion geleitet und in den rechten Bahnen gehalten hatten, mit dem gleichen Enthusiasmus wie vor den Wahlen im Dezember, dass sie keine Wiederholung der Wahlen wünschen. Doch wenn nicht wenigstens einer von ihnen seine festgelegte Schiene verlässt und die bei der Debatte geäußerten Meinungen relativiert, könnte erneut eine Regierungsbildung unmöglich sein.

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