El Hierro – Eldiscreto: Touristische Ruhe am Mar de Calmas?


© L.W. Schönau

Deutsch-kanarische Korrespondenz aus Berlin • El Hierro im Fokus

Gerade bekamen die Kanaren den 1. Preis für den besten europäischen Messestand auf der ITB 2012 verliehen, da strömte Fachpublikum auf den Kanarenstand und belebte betriebsam und bevölkerte geräuschvoll die Messehalle 4.2.

Nicht ganz leicht, dabei ein kurzes, ungestörtes Gespräch mit Cristina Ferro vom Patronato de Turismo El Hierro zu führen. Mit kleinen Pausen aber gelingt es …

El Hierro erlebt im letzten halben Jahr einiges, was die ansonsten zur Ruhe verpflichtete Insel heftig durcheinander bringt. Ein Vulkan, „Eldiscreto“ genannt, Anfang Juli 2011 unter Wasser geboren, hob seinen/seine Kegel seitdem Meter um Meter nach oben. Dabei brodelte, gaste und zischte es beängstigend. Monatelang färbte sich das „Mar de Calmas“ in allen nur denkbaren Farben von türkis über blau, von braun bis grün… Dazu bebte es unter der Insel fortlaufend, von den niedrigsten bis in spürbare Werte der Richterskala. Es wurde evakuiert, Schulen wurden geschlossen, Tunnel gesperrt, Touristen blieben der Insel vorsichtshalber fern. Und dann die aktuelle Meldung vom 5. März 2012: Der Krisenstab teilte mit, dass der Vulkan seine Aktivitäten beendet habe. Allgemeines Aufatmen. Auch das von Cristina Ferro war dabei.

„Was nun, Frau Ferro, wie wird es weitergehen?“, frage ich. Da sie ihre Insel und ihre vulkanische Entstehungsgeschichte bestens kennt, antwortet sie mir dialektisch mit „sowohl als auch“. Erfreulich sei, dass die kleinste Insel des Archipels wohl nun an Bekanntheit in der Welt gewonnen habe. Weniger erfreulich sind Folgen des vorher aktiven, jetzt „nur schlafenden“ Vulkans. Einwohnern, besonders Fischern, Urlauberquartieren und Tauchbasen bekam der Vulkanausbruch gar nicht. „Diese Ruhe nun nach dem Sturm aber auch nicht. Die Insel lebt vom Tourismus, aber eben, nach wie vor, von einem Tourismus der besonderen Art, der Themen „Ruhe“, „Naturgenuss“, „Nach-haltigkeit“, „Ökologie“, der Nähe zur Mutter Erde und der Pflege der natürlichen und, nicht zuletzt, menschlichen Werte …“, sagt sie. „Die Insel selbst ist jetzt sicher. In jeder Hinsicht. Ein gefahrloser und erholsamer Aufenthalt ist wieder möglich. Tatsächlich eingeschränkt war er wirklich während der Vulkanaktiviäten. Wir haben viel gelernt.“ Das System der Beobachtungen, permanenten Kontrollen und der Vorsorge ist seit den ersten vulkanischen Ereignissen dauerhaft installiert und funktioniert. Um seine Sicherheit braucht sich also auf El Hierro heute und morgen kein Tourist zu sorgen.“

Die Kanaren insgesamt bekennen sich ja deutlich zu ihrer natürlichen Entstehungssituation, dem Vulkanismus. El Hierro selbstverständlich auch – als „UNESCO-Biosphärenreservat“  seit dem Jahre 2000 ebenso wie als „Insel der tausend Vulkane“. Gerade die vulkanischen Merkmale machen den ursprünglichen Reiz El Hierros aus. Das kleine Vulkanmuseum von El Pinar mit den inzwischen weltberühmten „restingolitas“, den Gesteinsauswürfen des „Eldiscreto“, wird demnächst erweitert und könnte so zu einer Pilgerstätte der vom Vulkanismus Begeisterten werden.  Auch auf den vielen gut ausgebauten Wanderwegen der Insel würden sicher die Verweise zu vulkanischen Sehenswürdigkeiten zunehmen.

Seit langem sind ja bereits besonders umweltbewusste, besonders natur- und ruheliebende Touristen auf diese Insel abonniert. Menschen, die es schätzen, wenn Nachhaltigkeit nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch praktiziert wird. Dass 2012 El Hierro praktisch energieautark sein wird, sollte sich aber doch noch mehr herumsprechen. Augenscheinlicher Beweis ist die fast fertige Anlage des Wasserkraftwerkes mit Windpark von „Gorona el Viento“ mit dem 700 m über dem Meeresspiegel liegenden Stausee im ehemaligen Krater „La Caldera“. Übrigens, ein Projekt in Inselhand. Und es wird weitere Auswirkungen im Sinne von umfassenderer Nach-haltigkeit haben: Biolandwirtschaft, Bioviehzucht – und vielleicht eines Tages die wirkungsvollste Umsetzung des revolutionären Recyclings, in kompletten Produktionskreisläufen zu denken, „Cradle to Cradle“ eben.

Aufgeschlossene Touristen erhalten auf El Hierro aber auch mit den Mythen und Legenden um die Ureinwohner, die Bimbaches, kostbare Geschenke der „anderen Art“, die von Sensibilität, Bescheidenheit und  Respekt vor den Kulturen künden. Das jährliche Festival „BimbacheOpenArt“ auf El Hierro, verpflichtet dem kulturellen Erbe der Insel, ist zugleich ein sehr zukunftsorientierter, konsequent philosophischer, gesellschaftlicher und kultureller Ausdruck von Nach-haltigkeit der neuen Art. „¡Vamos juntos!“

Noch mehr Begeisterung für diese Perle unter den sieben schönen Inseln? „Da bliebe nur noch die Einladung, El Hierro zu erleben, wann es am authentischsten ist, nämlich wenn Anfang Juli 2013 die „Bajada de la Virgen de los Reyes“, das nur alle vier Jahre stattfindende größte Inselfest, gefeiert wird.“ Dass sich jetzt schon viele in Berlin den Termin notieren, dafür hat Frau Ferro garantiert gesorgt. Und die Marktforschungsergebnisse, die sie aus Berlin nach Valverde mitbringen wird, geben sicherlich genug Stoff für etliche neue Tourismusideen auf der Insel.

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