Erklärungsbedarf zur Bestrafung Garzóns


© EFE

Die Botschafter erhielten ein Schreiben des Außenministers

Das gute Ansehen Spaniens scheint Manuel García Margallo, Minister für Äußere Angelegenheit und Internationale Zusammenarbeit, besonders am Herzen zu liegen.

Madrid – Er will, wie er sagt, die Marke Spanien international wieder aufpolieren. Unternehmer, Sportler, Köche, Literaten und Künstler will er in sein Projekt mit einbeziehen, das am 25. April im Königlichen Theater in Madrid in Anwesenheit von König Juan Carlos vorgestellt werden soll.

Allerdings drohten international relevante Meldungen in den letzten Wochen seine Bemühungen zunichte zu machen. Eine davon war die Strafe wegen Dopings für den Radrennfahrer Alberto Contador, über den Parodien und Karikaturen in den internationalen Medien erschienen. Eine weitere Nachricht, mit weitaus größeren Konsequenzen war die Verurteilung des Richters Baltasar Garzón und sein Ausschluss aus dem Richteramt.

Während im Fall Contador der spanische Botschafter in Paris, Carlos Bastarreche, eingeschaltet wurde, um die französischen Medien zu beruhigen, waren die Maßnahmen im Fall Garzón wesentlich diskreter, aber weitaus umfangreicher. Wie eine nationale Zeitung berichtet, haben alle spanischen Botschaften im Ausland Geheimschreiben über seinen Fall erhalten. Die zwei Seiten umfassenden Schreiben waren von Außenminister Margallo auf Veranlassung seines Kabinettskollegen, Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón, verschickt worden. Sie enthalten eine Liste von Argumenten, die den Botschaftern helfen sollen, vor der öffentlichen Meinung der Staaten, in denen sie residieren, das polemische Urteil des Obersten spanischen Gerichtshofes zu erklären. Konkret soll unterstrichen werden, dass Spanien ein Rechtsstaat mit einem unabhängigen Justizsystem ist. Es soll Gewicht auf die Feststellung gelegt werden, die Regierungspartei Partido Popular habe absolut nichts mit den Problemen zu tun, die der Richter mit der Justiz hat.

Nach einer detaillierten Schilderung der Fakten, die zu dem Urteil eines Berufsverbots für elf Jahre geführt haben – illegales Abhören von Telefongesprächen zwischen den Köpfen des Korruptionsnetzes Gürtel und deren Verteidiger – wird in dem Schreiben unterstrichen, dass das Urteil einstimmig von allen Mitgliedern des Tribunals ohne Gegenstimmen gefällt wurde. Abschließend bittet das Außenministerium um Informationen darüber, welche Reaktionen das Urteil gegen den Richter in dem jeweiligen Land ausgelöst hat und welche Schritte unternommen wurden, um den Schaden am Ansehen Spaniens so gering wie möglich zu halten. Keine leichte Aufgabe für die Botschafter, denn der Ausschluss Garzóns aus der Richterlaufbahn hat international ein weitreichendes Echo gefunden. Weltbekannte Medien wie die New York Times oder der Fernsehsender Al Jazeera haben das Urteil kritisch kommentiert. Garzón ist international äußerst populär, vor allem in Lateinamerika. Die auf seine Veranlassung erfolgte Verhaftung des chilenischen Diktators General Augusto Pinochet 1998 in London war das Ende von dessen Unantastbarkeit. Sein Prozess gegen den argentinischen Ex-Militärführer Adolfo Scilingo öffnete die Tür für eine Verurteilung der ehemaligen argentinischen Militärjunta und die Aufhebung sämtlicher Amnestie-Gesetze, der sogenannten „Schlusspunkt-Gesetze“ im Lande. Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner unterbrach am 1. März ihre Rede zur Eröffnung des Parlaments und nannte das Urteil der Madrider Richter eine Beleidigung der universellen Justiz. Baltasar Garzón, der als Ehrengast der feierlichen Parlamentseröffnung beiwohnte, wurde von den Parlamentariern mit tosendem Beifall bedacht.

Wenn auch verschiedene Parteibosse der PP das Urteil gegen den Richter begrüßten, bereitet es der Diplomatie Kopfzerbrechen. Seine Konsequenzen für das Ansehen Spaniens sind sehr schwierig zu bewerten.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.