EU erwartet stabile Regierung


Mark Rutte, Charles Michel, Antonio Costa und Pedro Sánchez, Premierminister der Niederlande, von Belgien, Portugal bzw. Spanien (v.l.n.r.), bei dem EU-Gipfel in Brüssel Anfang Juli. Foto: EFE

Für die Sicherung der Konjunktur und der Einhaltung des Stabilitätspaktes, aber auch für mehr Stabilität in der EU

Madrid/Brüssel – In Brüssel verfolgt man das politische Geschehen in Spanien mit Spannung und mit viel Geduld, in der Hoffnung, dass aus der Debatte um die Amtseinsetzung am 23. Juli endlich eine möglichst stabile Regierung hervorgeht. Trotzdem steigt die Nervosität bei der EU-Kommission, der Euro-Gruppe und der Europäischen Zentralbank (EZB), schließlich zieht sich die politische Instabilität dahin, mit den entsprechenden Folgen für die Haushalts- und Wirtschaftspolitik.

Der Wahlsieg der Sozialisten bei den Generalwahlen Ende April wurde in Brüssel aufgrund der erfolgreichen Wirtschaftspolitik des amtierenden Präsidenten Pedro Sánchez und dessen proeuropäischer und sozialistischer Ausrichtung gefeiert. Man hoffte auf ein stabiles Bündnis mit der Bürgerpartei Ciudadanos und ein Ende der politischen Instabilität, damit sich Spanien wieder der Sicherung des Wirtschaftswachstums, der Erstellung eines neuen Staatshaushaltes und der Einhaltung der von der EU vorgegebenen Ziele in Sachen Verschuldung und Defizit widmen könne. Doch Ciudadanos-Chef Albert Rivera lehnt einen Pakt mit den Sozialisten ab, sodass ein entsprechendes Bündnis scheiterte. Seitdem versucht Sánchez, die Podemos-Partei als Unterstützer zu gewinnen, ohne ihr eine Regierungsbeteiligung anzubieten. (das Wochenblatt berichtete).

Bis zur Debatte werden die EU-Kommission und die Euro-Gruppe sich noch gedulden, doch danach erwartet man eine Normalisierung der Staatsgeschäfte und die Ausarbeitung eines neuen, an die Konjunktur angepassten Staatshaushaltes. Alles vor dem Hintergrund, dass Spanien ein hohes Risiko eingeht, von den im Stabilitätspakt vorgegebenen Zielen in diesem und im kommenden Jahr abzuweichen. Für Brüssel stellt das Ergebnis der parlamentarischen Debatte am 23. Juli die Weichen für eine Etappe politischer Stabilität in Spanien – oder auch nicht. Sollte es zu keinem Ergebnis kommen, könnte es zu den vierten Generalwahlen innerhalb von vier Jahren kommen. Das Land würde 2020 mit dem Staatshaushalt von 2017 beginnen, der bereits mit anderthalbjähriger Verspätung verlängert worden war.

Die EU-Kommission, die Euro-Gruppe (Wirtschafts- und Finanzminister der Mitgliedsstaaten) und die EZB sorgen sich dabei nicht nur um die Einhaltung der Vorgaben des Stabilitätspaktes und der Bedingungen für die Bankenrettung, sondern auch darum, dass nach Italien ein weiteres EU-Mitgliedsland in eine komplizierte Lage kommen könnte. Dabei benötigt die EU speziell zu diesem Zeitpunkt der Neuordnung, des endgültigen Austrittes Großbritanniens am 1. November und kurz vor dem Beschluss des Haushaltes Stabilität.

Dafür würde man sogar eine Koalition mit der linkspopulistischen Podemos-Partei gutheißen, jedenfalls so lange, wie Sánchez seine vor einem Jahr aufgenommene Wirtschaftspolitik weiterverfolgt.

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