Guantánamo-Gefangenenflüge waren bekannt


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Offizielle Dokumente belegen, dass die frühere Regierung Zwischenstopps in Spanien genehmigte

Schon mehrmals wurde in Spanien über die Möglichkeit berichtet, dass CIA-Gefangenenflüge auf ihrem Weg nach Guantánamo auf spanischen Flughäfen zwischenlandeten. Bislang bewegten sich die Nachrichten und Hinweise hierzu und vor allem über das, was die damalige konservative Regierung unter José María Aznar von diesen illegalen Flüge gewusst haben könnte, jedoch mehr auf der Gerüchteebene und wurde von offizieller Seite immer geleugnet.

Madrid – Jetzt allerdings sind neue Beweise aufgetaucht, die Aznar und seine damalige obers­te Führungsriege in dieser delikaten Angelegenheit stark belas­ten. Nicht nur soll die Aznar-Regierung bestens über die Flüge, die Passagiere und den Sinn und Zweck sowie den Zielort der Gefangenen-Transporte im Bilde gewesen sein. Nein, nach den jetzt aufgetauchten offiziellen Dokumenten galt die Sorge der damaligen Führungskräfte nicht etwa dem Schicksal der Gefangenen, die fernab jeglicher Legalität von Staatskräften regelrecht verschleppt wurden. Wirklich besorgt war man allem Anschein nur, dass die Landegenehmigungen dieser Flüge auf spanischem Territorium publik werden.

Aus diesem Grund wurde auf eine erste Anfrage der Vereinigten Staaten im Januar 2002, ob die Flüge, mit denen mutmaßliche Taliban-Kämpfer und Al Qaida-Mitglieder nach Guantánamo gebracht werden sollten, in Spanien zwischen­landen dürften, zwar innerhalb von nur 24 Stunden mit einem „Ja“ geantwortet. Allerdings wurde darauf gedrungen, dass keine Flughäfen der zivilen Luftfahrt dafür benutzt werden, sondern die „diskreteren“ Militärflughäfen der Stützpunkte Morón de la Frontera und Rota in Andalusien. Dadurch sollte verhindert werden, dass die Öffentlichkeit von den Flügen erfährt.

All dies ist offiziellen Dokumenten zu entnehmen, die die spanische Tageszeitung El País Anfang Dezember veröffentlichte. Es handelt sich um Dokumente, die als „streng geheim“ eingestuft sind und deren Originale kurz nach der Veröffentlichung in den entsprechenden Regierungsarchiven nicht mehr auffindbar waren und erst Tage später nach eingehender Suche in einem Register entdeckt wurden, in dem sie niemand vermutet hätte. Die Unterlagen enthüllen so konkrete Details, wie den Umgang mit den Medien im Falle unangenehmer Fragen. Ein Berater empfahl diesbezüglich ausdrücklich, man solle behaupten, die Zwischenlandungen seien nur in „Notfällen“ genehmigt worden.

Nach der Veröffentlichung der Unterlagen kündigte die sozialistische Regierung an, umgehend eine interne Untersuchung einzuleiten, um die Hintergründe dieser Angelegenheit zu klären. Offiziell will sie nichts von den Flügen gewusst haben, die auch in ihrer Amtszeit noch stattgefunden haben sollen. Der heutige Au­ßenminister Miguel Ángel Moratinos erklärte anfangs, seine Vorgänger Josep Piqué und Ana Palacio hätten ihn in keiner Weise über Genehmigungen von Zwischenstopps der CIA-Flüge in Spanien informiert. Bei einer späteren Aussage vor dem Abgeordnetenkongress gab er jedoch die Authentizität der Dokumente zu und bestätigte auch den veröffentlichten Inhalt. Auffällig war jedoch, dass er die damalige Vorgehensweise der Aznar-Regierung trotzdem in gewisser Weise in Schutz nahm.

Parallel dazu untersucht schon seit Monaten der Nationale Gerichtshof in Madrid die Nutzung spanischer Infrastrukturen bei den illegalen Gefangenenflügen. Er hat nun die von El País veröffentlichten Geheimdokumente angefordert.

Offiziell ist bekannt, dass zwischen 2002 und 2006 elf CIA-Flüge auf spanischen Flughäfen zwischenlandeten, und zwar nicht nur in Morón und Rota, sondern auch in Torrejón und sogar Palma de Mallorca. Weitere 13 Flüge durchquerten im gleichen Zeitraum spanischen Luftraum. Ob sich tatsächlich Gefangene an Bord befanden, ist allerdings noch ungeklärt.

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