Regierung kündigt umfassende Steuerreform an


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Das neue Regelwerk soll 2015 in Kraft treten

Die Regierung brütet derzeit intensiv über einer umfassenden Steuerreform. Das aktuelle System soll von Grund auf reformiert werden und sowohl die wirtschaftliche Erholung anfachen als auch das staatliche Defizit abbauen.

Madrid –

Die Lösung: Mehr sollen weniger bezahlen

Die Regierung steht unter Zugzwang. Seit 2007 ist der besteuerbare Gesamtbetrag um 20% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zurückgegangen. Die rund 50 Steueranhebungen der bisheringen Ära Rajoy konnten nicht verhindern, dass die staatlichen Einnahmen stetig sinken und die Ausgaben bei Weitem nicht decken. Es wird brenzlig, auch weil die Europäische Union in den kommenden Jahren feste Defizitgrenzen gesetzt hat und weitere Abweichungen nicht mehr dulden wird.

Aus diesem Grunde hat sich die Regierung zu einer umfassenden Steuerreform entschieden. Die direkten Steuern (Einkommensteuer u.a.) sollen gesenkt und die indirekten Steuern oder Verbrauchssteuern (Tabaksteuer u.a.) – mit Ausnahme der Mehrwertsteuer – erhöht werden. Finanzminister Cristóbal Montoro und Präsident Mariano Rajoy hoffen, dass durch eine steuerliche Entlastung der Beschäftigung neue Arbeitsplätze geschaffen werden, mehr Personen geringere Steuern zahlen, aber unterm Strich die Einnahmen zunehmen. Darüber hinaus soll das System einfacher und durchsichtiger werden.

Bei der Ausarbeitung des Reformwerkes müssen die Macher zwei gewaltige Probleme lösen. Zum einen soll die Reform im nächsten Jahr in Kraft treten, sprich in Wahlkampfzeiten, sodass weniger beliebte Maßnahmen schwerer durchsetzbar sein werden. Doch nach Expertenmeinung könnte Montoro diese Schwierigkeiten umgehen, indem er einige dieser Maßnahmen zwar im Gesetz verankert, aber deren Wirksamkeit bis 2016 oder 2017 aufschiebt. Zum anderen sitzt dem Finanzminister die EU im Nacken. Im kommenden Jahr muss das Defizit von 5,8% auf 4,2% des BIP reduziert werden, sprich es sind 16 Milliarden Euro einzusparen. Die Steuersenkung ist so gut wie beschlossen, doch wird die Wirtschaft nicht von heute auf morgen reagieren, sodass ein Einnahmenboom ausgeschlossen erscheitn. Auf der anderen Seite kommen Ausgabenkürzungen im Wahljahr ebenfalls nicht infrage, sodass dem Minister eine schwierige Gratwanderung bevorsteht.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

„Wir werden die Einkommensteuer IRPF neu entwerfen,“ kündigte der Finanzminister groß an. Tatsächlich ist geplant, insbesondere die geringen und mittleren Einkommen zwischen 17.707 Euro und 53.407 Euro zu entlasten. Auch die Einkommensteuer auf große Einkommen mit über 300.000 Euro – auf die europaweit der höchste Satz von 56% angewendet wird – sollen gesenkt werden, jedoch noch nicht im kommenden Jahr. Darüber hinaus sollen die Stufen von sieben auf drei verringert werden. Des Weiteren ist die Einführung der individuellen Berechnung des Grundfreibetrages, von steuerlichen Vergünstigungen bei Nachkommen und Abschreibung von Kosten für Bildung und Gesundheit oder Pflege vorgesehen. Um die Schattenwirtschaft weiter ans Tageslicht zu befördern, sollen u.a. auch die Gehälter der Hausangestellten absetzbar werden.

Bei den Kapitaleinkünften will man die einzelnen Gruppen abschaffen und alle Produkte unter einem Steuersatz vereinen.

Die Rückwirkung der bis 2013 geltenden Abschreibung beim Kauf einer zum gewöhnlichen Wohnen erworbenen Immobilie soll aus wahltaktischen Gründen aufrechterhalten werden, während mit einer Anhebung der kommunalen Grundsteuer zu rechnen ist.

Neben der Einkommensteuer handelt es sich wohl bei der Körperschaftssteuer um eine der wichtigsten Abgaben, die nun ebenfalls bedeutende Änderungen erwartet. Mit dem seit Langem vielkritisierten Ungleichgewicht zwischen kleinen und mittleren Unternehmen auf der einen Seite, die einem Steuersatz von 30% unterliegen, und großen Konzernen auf der anderen Seite, die insbesondere wegen diverser Vergünstigungen nur zwischen 4% und 11% leisten, soll nun Schluss sein. Die Vergünstigungen sollen abgeschafft und ein einheitlicher Steuersatz von 25% eingeführt werden.

Die Verbrauch-Steuern sollen allgemein angehoben werden, mit Ausnahme der Mehrwertsteuer IVA, wie Montoro bereits deutlich klarstellte. Um Missbrauch entgegenzuwirken sollen allerdings die speziellen verminderten Sätze nach und nach aufgehoben werden, ausgenommen im Bereich der Dienstleistungen und des Tourismus. Bei Tabak- und Alkoholsteuer ist man sich jedoch über eine weitere Erhöhung einig. Auch die Einführung einer Umweltabgabe auf Kraftstoffe gilt als beschlossene Sache.

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