Regierung Rajoy – immer stärker angeschlagen


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Brüssel neue Sparmaßnahmen für drei Milliarden angeboten

Nichts hat sich so entwickelt, wie es vorgesehen war. Vor einem Jahr hatte die Regierung die Idee verbreitet, dass 2012 angesichts der Sparmaßnahmen sehr hart sein werde. Bereits 2013 beginne sich die Wirtschaft zu erholen und für 2014 sei mit Wachstum zu rechnen. 2015 könne man dann mit guten Aussichten in den Wahlkampf gehen.

Madrid/Granada – Politisch müsse nur die Schlechtwetterfront überstanden werden gegenüber einer sehr geschwächten Opposition. Keine schwere Aufgabe für einen „Aussitzer“ wie Mariano Rajoy.

Doch die Verhältnisse stellen sich völlig anders dar. Die erschreckenden Arbeitsmarkt-daten – 6,2 Millionen Arbeitslose – die Ende April bekannt gegeben wurden und die Pressekonferenz des Präsidenten mit den „schwarzen“ Aussichten haben die Motivierung der Regierung und der Partei auf den Nullpunkt sinken lassen. Zu den negativen Daten von Wirtschaft und Arbeitsmarkt hat sich ein weiteres Problem gesellt – ständige Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten in den Ministerien des Wirtschafts- und Finanzzweigs. Allgemein wird kritisiert, dass Rajoy sich geweigert hatte, einen Wirtschafts-Vizepräsidenten zu ernennen. Ein Mangel, der sich in schwierigen Situationen wie der derzeitigen bemerkbar macht.

Finanzminister Montoro und Arbeits- und Sozialministerin Fátima Báñez werden von der Vizepräsidentin Soraya de Santamaría unterstützt sowie von anderen Schwergewichten der PP. Sie haben den Kampf gewonnen und die Pläne von Wirtschaftsminister de Guindos und Industrieminister Soria ausgebremst, tiefgreifende Reformen durchzuführen. Doch bei all den Machtkämpfen ist die politische Koordination auf der Strecke geblieben. Das hat sich jetzt an der Tatsache gezeigt, dass keiner der Minister, weder die Vizepräsidentin noch der Regierungschef bereit waren, den erschreckenden Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf 6,2 Millionen zu erklären, sodass schließlich die Staatssekretäre dafür herhalten mussten.

Neue Sparmaßnahmen über drei Milliarden Euro

Die Verhandlungen zwischen der spanischen Regierung und den Brüsseler Behörden, um mehr Zeit für die Senkung der Staatsverschuldung zu erreichen und zwar anstatt der angesetzten 4,5 % bis Ende dieses Jahres auf 6,3 %, bedeutet natürlich gleichzeitig eine Gegenleistung. Für die Regierung Rajoy ist die Verminderung des Defizits das wichtigste Ziel. Deshalb hat sie in ihr Stabilitätsprogramm 2013-2016 ein neues Sparpaket in Höhe von drei Milliarden Euro eingebaut. Eine Summe, die Rajoy bereits in einer Pressekonferenz nannte, die er zusammen mit dem irischen Premier Enda Kenny in der Alhambra von Granada gab, ohne jedoch Details zu nennen. „Ich bin mir darüber im Klaren, dass die schlechten Arbeitsmarktdaten großen Frust auslösen, doch ich bitte um Geduld. Meine Regierung weiß, was sie zu tun hat“, rief er seinen Zuhörern zu. Diese Aufforderung hat in der Öffentlichkeit lebhafte Proteste ausgelöst. „Wie können Sie es wagen, von den Spaniern jetzt noch Geduld zu verlangen, wenn bis 2016 ein weiteres Ansteigen der Arbeitslosenzahlen um 1.3 Millionen Personen zu erwarten ist“, warf ihm Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba im Abgeordnetenkongress vor.

Die Regierung stützt sich auf neue, wesentlich pessimistischere Perspektiven, die jetzt auch neue Maßnahmen erfordern, um das Gleichgewicht im Etat zu erhalten. Die neuen Vorausberechnungen verschieben die wirtschaftliche Erholung Spaniens auf das Jahr 2016. Dann erst soll die Wirtschaft um mehr als ein Prozent wachsen. Für den Fall, dass die Brüsseler Behörden ihre Entscheidung über Wirtschaftsförderungs-Maßnahmen bis auf einen Termin nach den Bundestagswahlen in Deutschland, also frühestens auf Ende September verschieben sollten und die Entwicklung in Spanien weiter rückläufig ist, wird die Regierung neue Sparmaßnahmen beschließen. Sie will auf jeden Fall das Sparziel zum Ende 2013 garantieren. Das geht aus einem Dokument hervor, in dem die Sparmaßnahmen der Regierung detailliert aufgeführt sind. 

Zu den neuen Maßnahmen, die mit der EU vereinbart worden sind, gehört beispielsweise die Einführung einer Umweltsteuer, die 800 Millionen Euro einbringen soll. Eine Milliarde Euro sollen bei Etatkürzungen verschiedener Ministerien eingespart werden, die ihrerseits Subventionen für soziale Aufgaben bei den Autonomen Regierungen kürzen müssen.

Weitere Maßnahmen, die sich besonders schmerzlich auf die Steuerzahler auswirken werden, sind die Beibehaltung der Erhöhung der Einkommensteuer, die eigentlich Ende dieses Jahres auslaufen sollte, sowie die Anhebung der Grund- und Gebäudesteuer über 2014 hinaus und ein Einfrieren von abzugfähigen Posten bei der Unternehmenssteuer.

Inzwischen müssen auch die größten Optimisten in der Regierung einräumen, dass die Arbeitslosenquote von 25% während der gesamten Legislaturperiode bestehen bleibt und erst 2019 unter 15% sinken könnte.

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