Rekordzahl von Asylanträgen

94.500 Antragsteller warten noch immer auf die Bearbeitung ihres Asylantrags. Foto: efe

94.500 Antragsteller warten noch immer auf die Bearbeitung ihres Asylantrags. Foto: efe

Trotz der Pandemie wurden im vergangenen Jahr über 117.000 Verfahren entschieden

Madrid – Trotz der strengen Beschränkungen, welche die Pandemie auch im Hinblick auf die Einreisemöglichkeiten im vergangenen Jahr mit sich gebracht hat, war Spanien auch 2020 das EU-Land, in dem die meisten Asylanträge gestellt wurden. Nach jüngst veröffentlichten Zahlen wurden genau 88.762 neue Anträge in Spanien gestellt. Trotz der hohen Zahl, bedeutet das im Vergleich zu 2019 dennoch einen Rückgang von 25%. Als Nebeneffekt dieses Rückgangs ist es dem dem Innenministerium unterstehenden Büro für Asylfragen (OAR) gelungen, einen Großteil der teils seit Jahren liegen gebliebenen Asylanträge endlich abschließend bearbeiten zu können. Demnach wurde in nur einem Jahr über insgesamt 116.614 Anträge entschieden, eine absolute Rekordzahl, seit die für Asylfragen zuständige Behörde 1992 gegründet wurde.
Spätestens seitdem 2015 Tausende Flüchtlinge aus Syrien über die Grenzen kamen, hat Spanien mit der gewissenhaften und vor allem zeitnahen Bearbeitung von Asylgesuchen zu kämpfen. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei der OAR, der Oficina de Asilo y Refugio, um eine von der Politik regelrecht vergessene Behörde handelt, die weder über genügend finanzielle noch personelle Mittel verfügt, um dem Ansturm gerecht zu werden. Während sie 2017 noch etwa 32.000 Anträge bearbeiten musste, waren es 2019 bereits über 118.000. Seitdem ist Spanien das Land, in dem die Asylgesuche am langsamsten bearbeitet werden, was allerdings angesichts der Tatsache, dass 2019 23% der EU-weit eingereichten Anträge allein in Spanien gestellt wurden, auch kaum verwunderlich ist.
Das Einhalten der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von sechs Monaten zur Entscheidung über einen Asylantrag wurde zu einer schier unmöglich zu bewältigenden Aufgabe. Das wiederum führte dazu, dass die ohnehin schon nur prekär ausgestatteten Auffangsysteme noch mehr unter der Überlastung zu leiden hatten. Unter den nun 2020 abschließend bearbeiteten Anträgen gibt es Fälle, die seit 2015 auf dem Tisch lagen.
Obwohl immer noch die Bearbeitung von 94.500 Asylanträgen aussteht, verdeutlichen die jüngst veröffentlichten Zahlen, dass im vergangenen Jahr erstmalig seit 2011 mehr Gesuche bearbeitet werden konnten, als neue hinzukamen. „Es war ein schweres Jahr“, erklärte diesbezüglich die Generaldirektorin für Innenpolitik, Carmen López. „Doch die Belegschaft der Oficina de Asilo y Refugio hat außergewöhnlich gute Arbeit geleistet.“ In diesem Jahr soll die Behörde durch weitere 231 Beamte aufgestockt sowie ein neues Informatiksystem eingeführt werden, um dem Ansturm in Zukunft besser gerecht zu werden. „Mittel- bis langfristig planen wir, die Anträge form- und fristgerecht bearbeiten zu können“, so die Vorhersage von López.
Spanien ist im EU-Vergleich das Land, in dem am wenigsten Anträge mit einem positiven Bescheid abschließen. Nur 4% der Anträge wurden nach Angaben von Eurostat in Spanien positiv entschieden. In Deutschland liegt dieser Prozentsatz bei 45% und in Frankreich bei 19%. Nur 5.000 Antragstellern wurde gemäß dem Genfer Abkommen der Status als Flüchtlinge gewährt. Dennoch hat Spanien über 40.000 Wohn- und Arbeitserlaubnisse aus humanitären Gründen gewährt. Diese Option kommt hauptsächlich Flüchtlingen aus Venezuela zuteil, die darauf Anspruch haben können, sobald ihr Asylantrag abgelehnt wurde.

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