Tod im OP nach drei Tagen in den Gängen der Notaufnahme


© EFE

71-jährige Krebspatientin verstarb nach Beckenbruch im HUC

Im Kanarischen Universitätskrankenhaus HUC ist eine Patientin im Operationssaal verstorben, die schon drei Tage zuvor – an einem Freitag – mit gebrochenem Becken in die Notaufnahme eingeliefert worden war.

Drei Tage verbrachte sie in den Gängen der Notaufnahme, obwohl sie sich obendrein noch mitten in einer Chemotherapie befand und nur zwei Monate zuvor an der Lunge operiert worden war. Auch die Prognose des Beckenbruchs wird nicht günstiger, wenn sich die chirurgische Intervention tagelang hinauszögert.

Schon vor dem tragischen Ende dieses Dramas im Operationssaal wurde der Vorfall in der Presse aufgegriffen. Die Tageszeitung „El Día“ berichtete von der nahezu 72 Stunden andauernden Leidenszeit der 71-Jährigen und zitierte Familienmitglieder, die nicht fassen konnten, dass eine Frau, deren Immunsystem medikamentös unterdrückt wird, so lange der erhöhten Ansteckungsgefahr in der Notaufnahme ausgesetzt und weder auf eine Station verlegt noch chirurgisch behandelt wird. Das Verhalten des Pflegepersonals fand in diesem Zusammenhang positive Erwähnung. Die Krankenhausleitung führte das Problem zunächst auf fehlende Stationsbetten zurück.

Nachdem die Frau dann während der Beckenoperation gestorben war und das Medienecho dementsprechend lauter wurde, trat zutage, dass es sich um ein generelles Problem handelt, denn am Wochenende werden im HUC keine Patienten auf die Station aufgenommen. Es ist nicht genug Personal vorhanden, denn das spanische Gesundheitswesen spart und bringt damit Ärzte, Krankenschwestern und

-pfleger an den Rand ihrer Möglichkeiten. Dass an den Chirurgen und dem medizinischen Personal des HUC selbst nicht viel auszusetzen ist, beweisen Hunderte erfolgreich durchgeführte Transplantationen von Nieren, Lebern und sogar Bauchspeicheldrüsen.

Wäre Loli, die verstorbene Patientin, also am Wochenanfang statt zum Wochenende gestürzt und mit gebrochenem Becken eingeliefert worden, dann wäre ihr der strapaziöse und kräftezehrende Aufenthalt im Gang erspart geblieben und sie wäre in wesentlich besserem Zustand und wohl auch früher in den Operationssaal gekommen.

Neue Kriterien

Nach dem Tod von Loli Hernández González schaltete sich Juana María Reyes, die Direktorin des Kanarischen Gesundheitsdienstes (SCS), ein und erklärte, dass es an dem betreffenden Wochenende sehr wohl freie Betten und auch Aufnahmen auf Stationen gegeben habe, doch die Patienten seien in der Reihenfolge ihrer Einlieferung auf die Stationen verteilt worden. Sie habe nun veranlasst, dass künftig das Kriterium die Schwere der Erkrankung sein müsse.

Aus diesen Erklärungen lässt sich ablesen, dass offenbar noch weitere Patienten an diesem Wochenende mehrere Tage auf den Gängen der Notaufnahme verbracht haben, denn nach Loli werden wohl noch weitere Notfälle eingeliefert worden sein. Und es scheint, als hätten auf der Notfallstation nicht die Ärzte das Sagen sondern die Verwaltung, denn jeder Arzt, ja sogar jeder Ersthelfer lernt, dass er die Reihenfolge der Behandlungen vorrangig nach dem Kriterium der Schwere der Verletzung bzw. Erkrankung festlegen muss. Der Leiter des HUC korrigierte seine Vorgesetzte zwei Tage nach ihren Äußerungen, indem er betonte, es werde sehr wohl nicht nur nach Wartezeit, sondern vor allem nach dem Zustand des Patienten entschieden. Die Direktorin des SCS habe sich auf den allgemeinen Gesundheitszustand und die Anfälligkeit der Patienten bezogen, die künftig noch stärker berücksichtigt werden sollen.

Den Hinterbliebenen von Loli hilft das wenig. Ihre Tochter Miriam erklärte, sie wolle dafür kämpfen, dass sich so etwas nicht wiederhole. „El Día“ widmete der Verstorbenen eine halbe Seite, auf der von ihrem Leben in Puerto de la Cruz berichtet wird. Wie sie ihre jüngeren Geschwister großzog und später ihre eigenen vier Kinder, von ihrer Arbeit, davon, dass die 71-Jährige, der man ihr Alter nicht ansah, noch mitten im Leben stand, modern mit Facebook-Account und Pilates, und von ihrem Mann, der auch nach 53 Jahren immer noch in sie verliebt war und ist.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.