Zwei Euro gegen das Vergessen


© AYTO AMOEIRO

Bürgermeister von Amoeiro finanziert antifaschistische Gedenktafeln durch Crowdfunding

Rafael Rodríguez, der Bürgermeister des Dörfchens Amoeiro in Galicien, hat zu einem ungewöhnlichen Mittel gegriffen, um 459,80 Euro für vierzehn Gedenktafeln aufzubringen, die er an noch immer mit faschistischen Symbolen aus der Franco-Zeit verzierten öffentlichen Einrichtungen zur Mahnung anbringen lassen möchte.

Ourense – Dieses Vorgehen ist nicht der Krise geschuldet, denn die kleine Gemeinde mit 2.317 Einwohnern in der Provinz Ourense steht finanziell ausreichend gut da, um die günstig gehaltenen Gießharz-Schilder aus der eigenen Kasse bezahlen zu können. Dennoch rief Rodríguez die Bürger dazu auf, symbolische zwei Euro für die „Memoria Histórica“, das historische Gedenken, zu geben und in Erfüllung des gleichnamigen Gesetzes dem Vergessen entgegenzuwirken.

In Amoeiro sind noch an der Schule und an dreizehn Trinkwasserbrunnen die Symbole des faschistischen Regimes angebracht. Sie sollen nicht entfernt werden, sondern gegen das Vergessen und als Mahnung erhalten bleiben, gekennzeichnet durch eine Inschrift in galicischer Sprache, die lautet:  „Historisches Gedenken. Diese Bilder gehören zur Propaganda einer Diktatur, die mit ihren Symbolen die bedeutendsten öffentlichen Räume besetzte. Sie bleiben hier als historische Anklage gegen dieses Unterdrückungsregime.“

Für diese Vorhaben beantragte der Bürgermeister die Genehmigung der Kommission für historisches Erbe in Ourense und erhielt sie auch, sodass der Umsetzung des Projekts eigentlich nichts mehr im Wege stand. Überrascht wurde er jedoch von der Reaktion einiger Bürger, die keinem bestimmten Parteienspektrum zuzuordnen sind und das Vorhaben als Verschwendung öffentlicher Gelder kritisierten.

Als Antwort entschloss sich Rodríguez, die Bürger mittels Crowdfunding in das Vorhaben einzubinden und forderte die Bevölkerung in dieser symbolischen Aktion auf, je zwei Euro zu geben. Für ihn erfüllen die Schilder vier Funktionen: sie führen zu einem Nachdenken über das propagandistische Ziel der symbolischen Besetzung öffentlicher Plätze, sind eine Anklage des unter dem faschistischen Regime begangenen Unrechts, sie schaffen ein Bewusstsein für die dramatischen Konsequenzen der Diktatur und jener Ideologien, die Zwangsmaßnahmen über den Dialog stellen, und sie sollen Einigkeit darüber bewirken, Frieden und Demokratie über Totalitarismus und Gewalt zu stellen.

Weiterhin konstatiert der Bürgermeister von Amoeiro, dass die Umsetzung des Gesetzes über die historische Erinnerung ein politisches Problem habe, nämlich die Unterfinanzierung, und darüber hinaus ein soziales Problem wegen der Unwissenheit der Allgemeinheit über die Geschichte.

Die wahren Verantwortlichen seien die Regierungsinstanzen, da sie keine Finanzierung bereitstellen für ein Gesetz, das einvernehmlich von allen politischen Gruppierungen verabschiedet wurde und auch von zahlreichen europäischen Instanzen gutgeheißen wird.

Bis zum 28. Februar konnte man über die Website der Stadtverwaltung von Amoeiro an der Crowdfunding-Aktion teilnehmen. Die Bürgerbeteiligung war rege, sodass das Ziel von 459,80 Euro innerhalb der gesetzten Frist erreicht wurde.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.