Spanien gerät zunehmend unter Druck


EU bezieht Stellung im Zwangsräumungsdrama

In der EU mehrt sich der Widerstand gegen die Handhabung der Zwangsräumungen in Spanien.

Madrid/Brüssel – Schon die Europäische Zentralbank forderte vor Wochen von der spanischen Regierung, die Ursachen – sprich Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise – an der Wurzel zu packen und Maßnahmen gegen die derzeitige Durchführung von Zwangsräumungen zu ergreifen.

Doch wirklich durchschlagend war dann das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom März dieses Jahres, wonach das spanische Recht gegen die – bindende – Europäische Verbraucherschutzrichtlinie verstößt. Seitdem kann jeder Richter eine Zwangsräumung stoppen, um den Vertrag auf sittenwidrige Klauseln zu überprüfen.

Die Auszeichnung des Interessenverbandes der Betroffenen von Zwangsräumungen PAH mit dem Europäischen Bürgerpreis dürfte auf so manchen spanischen Politiker oder Bankier wie eine Ohrfeige gewirkt haben. Tatsächlich hat die Organisation den rechtlich kaum geschützten, säumigen Hypothekenschuldnern eine Stimme verliehen. Sie hat landesweit Protestaktionen gegen Zwangsräumungen organisiert und über die Landesgrenzen hinaus auf das Drama Tausender Familien aufmerksam gemacht,  die aus ihrem Heim vertrieben wurden und trotzdem weiter die Schulden abbezahlen müssen. Das Europa-Parlament würdigte nun diesen Einsatz – und watschte gleichzeitig Politiker und Bankiers ab.

Weiterhin segneten die europäischen Abgeordneten eine Reihe von Empfehlungen ab, die zwar rechtlich nicht bindend sind, aber doch in großem Maße den Betroffenen den Rücken stärken dürften. Darunter fällt der Vorschlag, in das Europa-Recht die Verpflichtung für Hypothekengläubiger aufzunehmen, mit zahlungsunfähigen Schuldnern oder Familien die Schuld neu auszuhandeln oder ihnen diese ganz zu erlassen (Leistung an Erfüllungs Statt bzw. Restschulderlass bei Übergabe der Immobilie). Insbesondere mit Blick auf Zehntausende Familien, die kein Heim mehr, dafür aber einen riesigen Schuldenberg haben, rät das Parlament den EU-Mitgliedsstaaten „zu verhindern, dass die zwangsgeräumten Familien weiterhin ihre Hypotheken abbezahlen müssen“. Doch die Abgeordneten gehen noch einen Schritt weiter und verlangen von den Staaten, „das soziale Drama der von Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und Zwangsräumung Betroffenen“ zu erleichtern. Schließlich „fließen derzeit öffentliche Gelder in Milliardenhöhe in die Bankenrettung“.

Da Empfehlungen üblicherweise nicht ausreichen, wollen die Abgeordneten zusammen mit den anderen EU-Institutionen nun auch eine – zwingende – Richtlinie beschließen und die Rechte der Hypothekenschuldner deutlich stärken. Vorgesehen ist, zumindest Verhandlungen über den Restschulderlass vorzuschreiben. Was allerdings in Spanien kaum Auswirkungen haben dürfte, da dies schon im eigenen Recht verankert ist.

Die PAH jedenfalls will weiterkämpfen, auch für einen rückwirkenden Restschulderlass bei Zwangsräumung.

Doch davon raten selbst unabhängige Experten wie José García Montalvo, Professor für Wirtschaft an der Universität Pompeu Fabra, ab. Es könnte Missbrauch getrieben werden und die Banken die Last nicht stemmen können, woraufhin wieder der Staat und schlussendlich der Bürger selbst herhalten müsste.

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